Beschreibung
Das Bild Wachstum der Nachtpflanzen, entstanden im zweiten Jahr von Paul Klees (1879-1940) Bauhaus-Tätigkeit, steht in enger Beziehung zu seinem farbtheoretischen Unterricht und zu seinem Ansatz, abstrakte, bildparallele Gestaltungsmöglichkeiten für Naturprozesse zu entwickeln. Eine zentrale Bedeutung kommt bei der Konstruktion der turmartig übereinandergeschichteten Blatt-, Rauten-, Viereck-, Kreis- und Ovalformen dem Farbaufbau zu: hier vor allem der Farbe Blau, die mit vierzehn Feldern relativ prominent vertreten ist, auch wenn der erste Blick beim insgesamt vorherrschenden Braun hängenbleibt. Als kunsthaft geordnete Bewegung, als ein Übergang vom Springen ins Schreiten und Gleiten präsentiert sich die Wachstumsbewegung als abgestufte Gliederung von dunklen Farben zu hellen.
Die zauberhafte Atmosphäre des Vogelgartens von Paul Klee (1879-1940), das spielerische Ignorieren vertrauter, naturgemäßer Formen und Vorstellungen auf diesem Bild lassen auch dem erwachsenen Betrachter die Welt, in die er hier blickt, märchenhaft entrückt, kindlich oder naiv erscheinen. Das Bild entstand zu einer Zeit, als Klee Lehrer am Bauhaus in Weimar war. Die zu charakteristischem Ausdruck vereinfachten, unplastischen Formen bedeuten Vogel oder Pflanze, sie werden zum Gleichnis dieser Erscheinungsformen, ohne das Bezeichnete abzubilden oder ihm einen festen Ort im Raum zu geben. Trotz dieser scheinbar nur der künstlerischen Imagination verpflichteten Bildelemente geht es Klee im Vogelgarten nicht um die Konstruktion einer von der Realität gelösten Traumwelt, sondern das Werk verweist vielmehr auf Bereiche der Wirklichkeit, die dem erdgebundenen Menschen nicht ohne weiteres zugänglich sind, gleichwohl aber existieren und vom Künstler gestaltet werden können.