Beschreibung
Oskar Kokoschkas (1886-1980) Gemälde Genfer Seelandschaft entstand kurz nachdem er sein Amt und sein Atelier an der Dresdner Akademie aufgegeben hatte. Gegenüber den vorangegangenen Jahren hat Kokoschka seine Malweise geändert. An die Stelle der fleckartig zusammengefaßten, tektonisch strukturierten Farben der meisten Dresdner Bilder ist eine unruhigere, bewegtere Malerei getreten, an die Stelle der hellen Harmonie eines aufleuchtenden Kolorits ein sonorer, durch einen explosionsartigen Fleck aufgerissener Klang. Der von Kokoschka zunächst als beglückend empfundene Spätsommer des Jahres 1923 führte ihn zu einem verdüsterten Meisterwerk. In einer Vorahnung, die ihn – wie häufig – auch dieses mal überfiel, hatte er in der Landschaft unbewußt eine Deutung seines eigenen Lebensschicksals gegeben. Auch sein Leben sollte für eine gewisse Zeit verdüstert, durch ein blitzartig eintretendes Ereignis gestört werden. Aus Wien kam, kaum daß die Seelandschaft gemalt war, die Nachricht, daß Kokoschkas Vater im Sterben liege.Das Bild, 1930 vom Museum der bildenden Künste in Leipzig erworben, war 1937 zusammen mit 20 weiteren Gemälden, 2 Plastiken und 372 graphischen Blättern während der Aktion Entartete Kunst von der Reichskammer der bildenden Künste beschlagnahmt worden. Zusammen mit der Kulturstiftung der Länder, dem Ernst von Siemens-Kunstfonds, dem Bundesministerium des Innern, dem Sächsischen Staatsministerium für Kunst und Wissenschaft in Dresden und der Stadt Leipzig wurde Kokoschkas Seelandschaft für das Leipziger Museum aus dem Schweizer Kunsthandel zurückerworben. Damit konnte nach 60 Jahren die Nr. 12 des Verlustkataloges der Gemälde der Sammlung, der auf Anregung der Kulturstiftung der Länder publiziert wurde (Patrimonia 40), gestrichen werden.