Beschreibung
Der Kabinettschrank war ein ausgesprochenes Prunkmöbel, das in seiner vornehmlichen Repräsentationsfunktion im 17. Jahrhundert in ganz Europa eine Blüte erlebte. Er diente zur Aufnahme von Schmuck und anderen Kostbarkeiten genauso wie zur Verwahrung der Schreibutensilien.In seiner klaren Form und seinem Aufbau hat er sich aus den in der Spätrenaissance verbreiteten beweglichen Kastenmöbeln mit tischartigen Untergestellen entwickelt. Der kastenförmige Aufsatz des spätbarocken Kabinettschranks ruht nunmehr auf einem Schubladengehäuse des Untergestells. Im geöffneten Zustand wird die reich geschmückte Innenfassade sichtbar, die vierzehn Schubladen und ein Mittelgefach umfasst, hinter dessen Tür sich zwei weitere Schubladen befinden. Untergestell und Aufsatz ruhen auf fünf kunstvoll miteinander verbundenen Vierkantbeinen, die wiederum auf Kugelfüßen stehen.Besonders bemerkenswert ist die Fülle intarsierter Szenen und Motive aus China und Indien, die in qualitätvollster Marketerie aus kostbaren exotischen Edelhölzern, Elfenbein und Perlmutt ausgeführt worden sind. Als Vorlagen fungierten die Kupferstichdarstellungen aus dem weithin bekannten Werk China illustrata des Jesuitenpaters Athanasius Kircher (1602-1680), dies eines der wichtigsten Universalgelehrten seiner Zeit. Das reich illustrierte Buch, zuerst 1667 in Amsterdam erschienen, ist ein zentrales Werk für das Chinaverständnis des 17. Jahrhunderts.Die Lokalisierung der ausführenden Möbelwerkstatt ist indessen nicht ganz unproblematisch. Aus derselben Werkstatt stammt offensichtlich eine Möbelgruppe im königlichen Schloss Rosenborg in Kopenhagen, deren zugehörige Archivalien von 1712 einen Hinweis auf den bislang ansonsten unbekannten Altonaer Tischler Conrad Geisler enthalten. Es lässt sich derzeit nur vermuten, dass auch der neuerworbene Kabinettschrank in Altona – als Teil des Herzogtums Holstein damals zum dänischen Gesamtstaat gehörig – in der Werkstatt des Kunsttischlers Conrad Geisler um 1710 gefertigt worden ist.Dass das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum Schloss Gottof ein herausragendes Werk spätbarocker Möbelkunst aus Norddeutschland erwerben konnte, ist neben der Kulturstiftung der Länder dem Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, dem Freundeskreis Schloss Gottorf, der Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein, der Landesbank Schleswig-Holstein sowie weiterer privater Spender zu verdanken.