Beschreibung
Immanuel Kant (Königsberg 1724 – 1804 Königsberg), eines der einflussreichsten Denker des Abendlandes, war über 70 Jahre alt, als er sein letztes Werk unter der Überschrift Übergang von den metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft zur Physik begann. Kants später nachgelassene Niederschrift sollte keine Bilanz, kein geistiges Testament werden, auch wenn der heute übliche Titel Opus postumum lautet: Das Denken des Siebzigjährigen befand sich vielmehr im Übergang. Schon allein der Titel des von ihm dicht, vielfach bis an den Rand der Blätter beschriebenen, gelegentlich mit geometrischen oder physikalischen Zeichnungen durchsetzten Manuskripts drückt – bis in die sprachliche Haltung hinein – Bewegung, Fortschreiten, Aufbruch zu gedanklichem Neuland aus. Es geht dem Philosophen um ein geistigen Weltsystem, das den Gegensatz von der rationalen Metaphysik der Natur zu den empirischen Wissenschaften der Natur notwendig überwindet.Schon kurz nach Kants Tod am 12. Februar 1804 wurden vermehrt jene Stimmen laut, die eine Veröffentlichung des Fragments für wünschenswert, ja für notwendig erachteten. Da eine wissenschaftlich-kritische Veröffentlichung des extrem schwer zu edierenden Manuskripts nicht erfolgte, kann das Autograph absolute Authentizität beanspruchen.Das durch fürsorglichen Umgang heute noch annähernd vollständig erhaltene Manuskript umfasst insgesamt 290 Blätter in unterschiedlichen Formaten mit 527 Seiten. Der weitaus größte Manuskriptteil des geplanten Werks gehört zu einem Bündel von dreizehn Konvoluten, die neben dem Übergangswerk auch andere Notizen und Vorarbeiten vielfältiger Art enthalten. Das Gesamtmanuskript befand sich dabei stets in Besitz oder Eigentum von Privatpersonen, die Kant entweder noch persönlich oder als Kantianer in Denkart und Geisteshaltung verbunden waren.Das Autograph dieses grundlegenden Werks an der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert für die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz aus Privatbesitz zu gewinnen, konnte Dank der Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius sowie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz gelingen. Berlin hat mit der großen eigenhändigen Niederschrift von Immanuel Kant, dem Opus postumum, ein Glanzlicht deutscher Geistes- und Kulturgeschichte erhalten.