Förderungen

Prunkvoll preußisch

Drei Prunkvasen des Tafelaufsatzes für das Tafel- und Dessertservice der Prinzessin Charlotte von Preußen und des Erbprinzen Georg von Sachsen-Meiningen, 1850, Höhe: 81 cm (li. u. re.) und 91,5 cm; Meininger Museen; Bildmotive v. l. n. r.: Palais des Prinzen Albrecht in der Wilhelmstraße in Berlin / Kampf der Dithmarschen und Dänen auf dem Teufelsdamm in der Schlacht von Hemmingstedt / Schloss Sanssouci in Potsdam, re. die rückseitige Darstellung von Schloss Babelsberg in Potsdam; © Meininger Museen / Foto: Richard Redding Antiques Ltd.
Drei Prunkvasen des Tafelaufsatzes für das Tafel- und Dessertservice der Prinzessin Charlotte von Preußen und des Erbprinzen Georg von Sachsen-Meiningen, 1850, Höhe: 81 cm (li. u. re.) und 91,5 cm; Meininger Museen; Bildmotive v. l. n. r.: Palais des Prinzen Albrecht in der Wilhelmstraße in Berlin / Kampf der Dithmarschen und Dänen auf dem Teufelsdamm in der Schlacht von Hemmingstedt / Schloss Sanssouci in Potsdam, re. die rückseitige Darstellung von Schloss Babelsberg in Potsdam; © Meininger Museen / Foto: Richard Redding Antiques Ltd.

Wenn Prinzessinnen „ausheirateten“, verließen sie nicht nur Hof und Familie, sondern trugen mit ihrer Mitgift das Prestige ihrer Geburt auch in ihre neue Umgebung. So geschah es auch im Fall von Prinzessin Charlotte von Preußen (1831–1855), einer Nichte König Friedrich Wilhelms IV. (1795 –1861), die 1850 den Erbprinzen von Sachsen-Meiningen, den späteren Herzog Georg II. (1826 –1914) ehelichte. Ihr königlicher Onkel ließ von der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur (KPM) zur Hochzeit ein Tafel- und Dessertservice anfertigen, von dessen ursprünglich über 500 Teilen mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder nun drei Prunkvasen und 34 Geschirrteile nach Meiningen zurückkehrten. Dabei ist die Dekoration zugleich die Botschaft: Kündete das prachtvolle Service als Ganzes vom hohen Stand der jungen Ehefrau, so konnten die mit Veduten nach Carl Daniel Freydanck (1811–1887) kunstvoll bemalten Prunkvasen des Tafelaufsatzes sie an die Orte ihrer Kindheit und Jugend in Berlin und Potsdam erinnern. Schließlich zeugt die – für einen Tafelaufsatz eher ungewöhnliche – Bemalung der zentralen Vase mit einer historischen Schlachtszene nach eigenhändigem Entwurf Georgs von der Anerkennung des preußischen Königs für den Meininger Erbprinzen als Mitglied der preußischen Armee.

Förderer dieser Erwerbung: Kulturstiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunst­stiftung, Land Thüringen

 

Vereinte Passion

Auf  engstem  Raum  scharen  sich  die Schergen um den gefesselten Christus, sie holen zu kräftigen Schlägen aus, dann pressen sie mit wuchtigen Holzstäben die Dornenkrone auf sein Haupt. Auf jeweils 23,5 × 18 cm verdichtete der Maler Hans Schäufelin (um 1482/83 –1539/40) mit den Darstellungen der Geißelung und der Dornenkrönung zwei dramatische Szenen der Passion Christi. Über Jahrhunderte hinweg blieben die beiden Tafeln von der Fachwelt unentdeckt, ehe sie ab 2014 – neben zwei weiteren Darstellungen – nach und nach als Werke eines anonymen Malers auf dem Kunstmarkt auftauchten. Schon bald konnten die vier Tafelbilder dem in Nördlingen tätigen Dürer-Schüler zugeschrieben und als ursprünglich zusammenhängende Flügelinnenseiten eines zur privaten Kontemplation gedachten Altarretabels identifiziert werden. In der Berliner Gemäldegalerie feiern Schäufelins kostbare Tafeln nach rund 200 Jahren ihre Wiedervereinigung: Der Kaiser Friedrich Museums­verein erwarb die „Dornenkrönung“ und die „Geißelung Christi“ des Triptychons für das Museum, während die beiden anderen Tafeln das Ensemble als Dauerleihgabe ergänzen. Mit den bereits seit 1821 in der Berliner Gemäldesammlung befindlichen Außenseiten der Flügel präsentieren sich damit erstmals wieder alle erhaltenen Teile dieses wichtigen Zeugnisses der deutschen Frührenaissance gemeinsam der Öffentlichkeit.

Förderer dieser Erwerbung: Kulturstiftung der Länder, Kaiser Friedrich Museums­verein

 

Alles Ein Gestalter

Peter Behrens, Umschlag des Ausstellungsführers „Deutsche Schiffbau-Ausstellung 1908“ der AEG, Berlin, 1908; Sammlung Kunstmuseen Krefeld; © Foto: Kunstmuseen Krefeld
Peter Behrens, Umschlag des Ausstellungsführers „Deutsche Schiffbau-Ausstellung 1908“ der AEG, Berlin, 1908; Sammlung Kunstmuseen Krefeld; © Foto: Kunstmuseen Krefeld

Dem deutschen Volke: Die berühmtesten deutschen Buchstaben sind von ihm entworfen, seine Mitarbeiter im Architekturbüro waren Walter Gropius, Le Corbusier und Ludwig Mies van der Rohe, er war Typograph und Designer, gilt als der bedeutendste Indus­triearchitekt seiner Zeit. Und er erfand das einheitliche Erscheinungsbild: Als Gestalter aller Produkte für die Berliner A.E.G. ab 1907 wird er vollends zum Pionier modernen Designs, von der Schriftgestaltung bis zur Werbegraphik. Die Kunstmuseen Krefeld besitzen rund 250 Arbeiten von Peter Behrens (1868 –1940) – u. a. Typografie, Graphik, Gläser, Tapetenentwürfe, Plakate, Holzschnitte, Fotografien aus der Zeit von 1900 bis 1912. Sie illustrieren die rasante Entwicklung des Multitalents vom Jugendstilkünstler zum Industriedesigner. Im 1897 gegründeten Krefelder Kaiser Wilhelm Museum hatte man früh Kunst und Kunstgewerbe miteinander verbunden, gab sich den Reformbewegungen in Deutschland gegenüber aufgeschlossen. Der Behrens-Bestand an Typografie und Werbegraphik wurde über die Jahrzehnte jedoch selten präsentiert: Im Rahmen der Initiative „Kunst auf Lager“ konnten nun durch aufwändige konservatorische Maßnahmen die Lithografien und Fotoarbeiten vorsichtig aus ihren historischen Montierungen auf Pappen gelöst werden, um weitere Schädigungen durch chemische Prozesse und Klebemittel zu verhindern. Säurefreie Passepartout-Kartons machen die kostbaren Zeugnisse wieder nutzbar für Ausstellungen: So zeigt das Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld noch bis zum 14. Oktober den mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder geretteten Design-Schatz von Peter Behrens unter dem Titel „Das Praktische und das Ideale“.

Förderer dieser Restaurierung: Kulturstiftung der Länder

 

Fromme Frucht

Dialogus dictus Malogranatum, Buch III, gestiftet und gefertigt für die Nonnen des Klosters St. Maria Magdalena in Hildesheim, Ende des Bandregisters und Beginn des Texts, 1459, 31,5 x 22,5 cm; Dombibliothek Hildesheim; © Foto: Gossmann/bph
Dialogus dictus Malogranatum, Buch III, gestiftet und gefertigt für die Nonnen des Klosters St. Maria Magdalena in Hildesheim, Ende des Bandregisters und Beginn des Texts, 1459, 31,5 x 22,5 cm; Dombibliothek Hildesheim; © Foto: Gossmann/bph

Seine Wirkung war unvorhersehbar: Nationale und gesellschaftliche Grenzen hat er überwunden, religiöse Dogmen in Frage gestellt. Der „Malogranatum“ (dt. Granatapfel), im 14. Jahrhundert im Zisterzienserkloster Königsaal bei Prag aus der Feder eines Mönchs gesprossen, entpuppte sich als eine revolutionäre Schrift. Denn als eine Art Tutorial für ein frommes Leben richtete sich das gelehrte Buch auch an die christliche Avantgarde jener Zeit. Der Inhalt – ein Dialog zwischen einem Schüler und seinem Lehrer über die Kernfragen des Glaubens – spiegelt den Geist der damaligen Reformbewegungen wider. Den Verführungen der äußeren Welt widerstehend, besinnt sich der aufgeklärte Gläubige einer Innerlichkeit, in der die vollkommene Hinwendung zu Gott liegt. Adressaten des religiösen Wegweisers waren nicht nur Würdenträger der Kirche, sondern auch die städtische Laienbe­wegung, die ihre Stimme in religiösen Fragen erhob. In ihrem Anspruch, sich jenseits der theologischen Gelehrtendiskussion einem größeren Leserkreis zu öffnen, erlangte die literarische Frucht große Popularität im Spätmittelalter. Über Ländergrenzen hinweg und in mehrere Sprachen übersetzt verbreitete sich der „Malogranatum“ des böhmischen Mönchs in zahlreichen Kopien rasant. So ist es nicht verwunderlich, dass 1459 eine dreibändige Abschrift auch in Hildesheim für die reformfreu­digen Augustinerinnen im Kloster St. Maria Magdalena angefertigt wurde.

Über die Reformation hinweg bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein hatte das Kloster in Hildesheim Bestand und hortete kostbare geistige Schätze der damaligen Zeit. Schließlich führte die Säkularisation zur Auflösung des Klosters und damit zur teilweisen Zerstreuung des wertvollen Konvoluts. In jenen stürmischen Zeiten verschlug es den dritten Band der Hildesheimer Handschrift nach England in die Abtei Ampleforth. Als er schließlich im Dezember 2017 bei einer Auktion in London zum Verkauf stand, nutzte die Dombibliothek Hildesheim die Gunst der Stunde und holte das seltene Zeugnis spätmittelalterlicher Schriftkunst zurück. Vorzüglich gearbeitet in wohl originalem Ledereinband, demonstrieren die kunstvollen floralen Initialen die außerordentliche Qualität des Objekts. Der erste Band befindet sich in der Staats- und Universitäts­bibliothek Göttingen, der zweite Band wartete bereits in der Dombibliothek Hildesheim auf den Nachzügler aus England.

Förderer dieser Erwerbung: Kulturstiftung der Länder, Bistum Hildesheim, Klosterkammer Hannover

 

Telemanns Löwen

Georg Philipp Telemanns Oratorium „Der aus der Löwengrube errettete Daniel“ aus dem sog. Oratorischen Jahrgang (1730/31), Titelblatt des Dictums „Sie haben eine Grube gegraben, mich zu fangen“, vom Kopisten F. Baumann (um 1780); © Zentrum für Telemann-Pflege und -Forschung Magdeburg
Georg Philipp Telemanns Oratorium „Der aus der Löwengrube errettete Daniel“ aus dem sog. Oratorischen Jahrgang (1730/31), Titelblatt des Dictums „Sie haben eine Grube gegraben, mich zu fangen“, vom Kopisten F. Baumann (um 1780); © Zentrum für Telemann-Pflege und -Forschung Magdeburg

Die Grube, die man anderen gräbt: Bis zum unheilvollen Ende illustriert die Geschichte von Daniel in der Löwengrube das alttestamentarische Sprichwort. Denn schließlich sind es die persischen Ränkeschmiede selbst, die zwischen den Reißzähnen der Raubkatzen ihr Ende finden. Der gottesfürchtige Israelit Daniel jedoch bleibt unversehrt. Georg Philipp Telemanns (1681–1767) Vertonung dieser Erzählung gehört in einen 1730/31 entstandenen Jahrgang, der als Novum innerhalb der protestantischen Musik gelten kann: Zugrunde liegen den Werken dieses Zyklus’ nicht die Formprinzipien einer Kirchenkantate, sondern Gattungsmerkmale des Oratoriums. Ein besonders schönes Beispiel ist die theatralische Festmusik „Der aus der Löwengrube errettete Daniel“. Alternierend treiben die Protagonisten das Geschehen voran, rufen allegorische Personifikationen die Gemeinde zur Reflektion auf.

Die Nachricht von der klangmächtigen Vertonung bild- und affektreicher Libretti, gedichtet von Albrecht Jakob Zell (1701–1754), hallte über die Stadtgrenzen Hamburgs bis nach Berlin. Von hier erbat sich der Hofkomponist Johann Friedrich Agricola (1720 –1744) Telemanns Kompositionen, um sie zu kopieren. Das Wissen um den Urheber dieses Michaelis-Oratoriums ging bei einer weiteren, um 1780 in Berlin entstandenen Abschrift des professionellen Schreibers F. Baumann verloren. Erst jüngst korrigierte die Forschung die auf dem Titelblatt notierte Zuschreibung „Von Herrn: Händel“. Die 84 Seiten umfassende Abschrift ist derzeit die älteste bekannte und der Kompositionspartitur wohl am nächsten stehende Handschrift, die dieses Oratorium über­liefert. Das vom Arbeitskreis „Georg Philipp Telemann“ Magdeburg e.V. erworbene Manuskript stellt ein wahres Rarissimum dar, zumal nur selten Werke des Komponisten auf dem Musikantiquariatsmarkt auftauchen. Glücklich daher, dass die bedeutende Abschrift der Forschung sowie der Öffentlichkeit in der Bibliothek des Zentrums für Telemann-Pflege und -Forschung zugänglich wird.

Förderer dieser Erwerbung: Kultur­stiftung der Länder, Land Sachsen-Anhalt, Stiftung Kloster Unser Lieben Frauen

 

Wieder gerettet

Reinhold Begas, Susanna, 1869-1872, 127 x 91 x 67 cm mit Plinthe; Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie; © Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie / Foto: Andres Kilger
Reinhold Begas, Susanna, 1869-1872, 127 x 91 x 67 cm mit Plinthe; Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie; © Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie / Foto: Andres Kilger

„Er trat mitten unter sie und sagte: Seid ihr so töricht, ihr Söhne Israels? Ohne Verhör und ohne Prüfung der Beweise habt ihr eine Tochter Israels verurteilt.“ Tausendfach gemalt, gemeißelt oder gegossen: Dem Tod geweiht ist Susanna, die nackt badende Frau des Babyloniers Jojakim – die beliebte erotische Bibel­geschichte erzählt eine Parabel auf die Gottesfurcht: Zwei alte Richter lauern Susanna im Garten auf, um sie zum Beischlaf zu zwingen. Der Plan schlägt fehl, doch mit einer falschen Aussage erreichen die Männer die Todesstrafe. Susanna vertraut auf Gottes Hilfe und wird gerettet: Gott erweckt den heiligen Geist in Daniel und er entlarvt die falschen Aussagen der Richter. „Da schrie die ganze Gemeinde laut auf und pries Gott, der alle rettet, die auf ihn hoffen.“ Reinhold Begas, Schüler des berühmten Bildhauers Christian Daniel Rauch, erneuerte mit seinem Schaffen die Ber­liner Bildhauerei: Seine bewegten, neu­barocken Formen setzten sich ab vom erstarrten Klassizismus. Ursprünglich wahrscheinlich ein privater Auftrag, zeigte der berühmte Berliner Verleger Rudolf Mosse die Skulptur Susanna ab 1908 in seiner großen, öffent­lichen Ausstellung im Stadtpalais am Leipziger Platz. Die Nachfahren Mosses wurden von den Nationalsozialisten aus Deutschland vertrieben, die über tausend Objekte umfassende Kunstsammlung enteignet. Die „Susanna“ befand sich danach in einer Privatsammlung in Berlin, von dort transportierte sie nach Kriegsende eine sowjetische Trophäenkommission ab, erst 1978 tauchte sie bei Rückgaben von Kunstwerken in die DDR wieder auf. 1996 gelangte die Figur schließlich in die Alte Nationalgalerie Berlin und wurde dort als Fremdbesitz aufgenommen. Die Provenienzforscher der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) recherchierten die Herkunft aus der Sammlung Mosse, die Skulptur wurde restituiert. Anfang Mai 2018 gab die SPK zusammen mit der Erbengemeinschaft Mosse bekannt, dass ein Ankauf für die Alte Nationalgalerie möglich wurde.

Förderer dieser Erwerbung: Kultur­stiftung der Länder, die Beauftragte der Bundes­regierung für Kultur und Medien

Das Interview zur Sammlung Mosse finden Sie hier.