Podcast-Serie

Vorgeschichte der Kulturstiftung der Länder #02

Zustimmung durch die Opposition – Richard von Weizsäcker

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In dieser zehnteiligen Podcast-Reihe geht es um die Vorgeschichte der Kulturstiftung der Länder. Der erste Podcast hatte den Ideengeber Günther Grass und dessen Korrespondenz mit Willy Brandt zum Thema.  Jetzt, in Teil 2 soll es um die Debatte gehen, die sich im Bundestag entsponn, nachdem Willy Brandt in seiner Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 der Idee einer Deutschen Nationalstiftung politisches Gewicht verliehen hatte. Damit war eine Diskussion im Deutschen Bundestag eröffnet, die sich über viele Jahre hinzog. Eine Debatte, in der es – auch – um die Rolle der Kultur in der deutschen Politik ging. Die Zustimmung des gesamten Hohen Hauses, dass eine solche Kulturstiftung wünschenswert sei, hatte Willy Brandt sehr schnell. Nach nur sechs Tagen signalisiert der CDU-Abgeordnete Richard von Weizsäcker Zustimmung.

Willy Brandt: „Für alle Kunst ist der Weg in die Politik kürzer geworden, und das ist gut so. Es würden sich, wie ich meine, meine Damen und Herren, viele Träume erfüllen, wenn eines Tages öffentliche und private Anstrengungen zur Förderung der Künste in eine Deutsche Nationalstiftung münden könnten.

(Beifall der Regierungsparteien)

Der Beifall kommt – so hat es der Stenograf festgehalten – von den Regierungsparteien. Dabei war Bundeskanzler Willy Brandt eher vage geblieben, als er von der Idee einer Deutschen Nationalstiftung gesprochen hatte.

Doch keine Woche später erhält er Zustimmung von der Opposition. Hatte Brandt in seiner Regierungserklärung die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, kurz SPK, noch als mögliches Vorbild bezeichnet, so will in der Woche darauf – am 24. Januar ´73 – der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Richard von Weizsäcker, eine Deutsche Nationalstiftung unter anderem als Fundament FÜR die SPK sehen: „Nun also zur Regierungserklärung, Herr Bundeskanzler.  Manches in dieser Erklärung klingt gut. Wir werden auch gar nicht zögern, Ihnen und der Öffentlichkeit deutlich zu sagen, in welchen Punkten wir mit Ihnen übereinstimmen. Lassen Sie mich zunächst auf eine Ihrer speziellen, scheinbar mehr am Rande liegenden Anregungen eingehen, die bisher wenig beachtet worden ist und die ich persönlich für sehr gut halte. Ich meine die Deutsche Nationalstiftung. Damit könnte in der Tat die großartige und lebendige Sammlung von Kunst und Wissenschaft, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, endlich geistig und materiell auf einen breiteren Boden gestellt werden, worum wir uns in der letzten Legislaturperiode in einem Ausschuss dieses Hauses ja auch intensiv und gemeinsam bemüht haben.

Um die Äußerungen Weizsäckers zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, wie es seinerzeit um die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – kurz SPK – bestellt war. 1957 war die SPK gegründet worden. Die Bundesrepublik Deutschland hatte mit ihr die Zusammenführung des preußischen Kulturerbes zu einer nationalen Aufgabe gemacht. Finanziert werden sollte sie vom Bund und den Ländern. Und doch waren noch 1973 – neben dem Bund – gerade mal vier Länder mit dabei: Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein; steigende Personal- und Sachkosten gefährdeten deren Tätigkeit. Der Bund warb in verschiedenen Gesprächsrunden für ein stärkeres Engagement der Länder, doch das Abkommen über eine Finanzierung durch den Bund und ALLE Länder sollte erst im Folgejahr unterzeichnet werden. Absehbar war es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und so sieht von Weizsäcker in einem Abkommen über eine Deutsche Nationalstiftung – von Bund und Ländern – eine Lösung für dieses drängende Problem.

Richard von Weizsäcker: „Die Deutsche Nationalstiftung kann nach innen und außen, nach Ost und West Impulse geben. Sie kann in der neuen Dimension deutscher Politik, von der Sie, Herr Bundeskanzler etwa im Zusammenhang mit einem Eintritt in die Vereinten Nationen gesprochen haben, von großer Bedeutung sein. Sie kann einen deutschen Beitrag und Standort für jenes Europa bezeichnen, welches politisch eines Tages über die Vaterländer hinauswachsen muß.

Nun sagten Sie im Zusammenhang mit der Stiftung, für alle Kunst sei der Weg in die Politik kürzer geworden. Das ist auch eine wohlklingende Formel. Aber natürlich kann sie richtig oder falsch sein, je nachdem, was damit gemeint ist. Mit Ihnen bin ich davon überzeugt, dass wir die Kunst als kritische Begleiterin brauchen. Noch wichtiger ist, wie ich meine, ihre positive Aufgabe, dem Gültigen, dem Schönen, dem Menschlichen Ausdruck zu verleihen in einer Zeit, in der sich die Frage nach den Werten immer wieder so unüberhörbar stellt, eine Frage, die wir ja mit den Mitteln unseres Verstandes und mit den Fortschritten unserer Wissenschaft eben gerade nicht zu beantworten in der Lage sind. Mit einem Wort: Wir brauchen die Kunst dort, wo sie uns mit ihren eigenen Gaben hilft. Und natürlich kann ihr geistiger Beitrag in hohem Maße auch politische Bedeutung haben.“

Die Ausführungen von Richard von Weizsäcker sind gleichermaßen Auftakt und EIN Beispiel der Deutung, der beginnenden Diskussion und auch der Vorschläge, wie man den Begriff „Deutsche Nationalstiftung“ mit Inhalt füllen könnte.

In dem nächsten Podcast geht es um die ersten – von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher formulierten – Vorstellungen der Bundesregierung über das, was eine nationale Kulturstiftung leisten soll und kann. In seinen Formulierungen finden sich bereits erste Übereinstimmungen mit dem, was heute in der Stiftungssatzung der Kulturstiftung der Länder steht. Alle Podcasts aus dieser Reihe über die Vorgeschichte der Kulturstiftung der Länder finden sich im Übrigen auf deren Webseite unter kulturstiftung.de/vorgeschichte

Alle Podcasts dieser Serie finden Sie auf der Seite Die Vorgeschichte der Kulturstiftung der Länder.

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