„Kulturelle Ankerpunkte und Regionalkonferenzen: Partizipationsprozesse in der Kulturpolitik Brandenburgs“ lautete das Thema des vierten Berliner Kulturfrühstücks am 19. Januar 2024, zu dem die Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg (MWFK) in die Vertretung des Landes Brandenburg beim Bund eingeladen hatte.
Mit dem Berliner Kulturfrühstück hat die Kulturstiftung der Länder 2019 ein Format ins Leben gerufen, das den Ländern die Möglichkeit bietet, kulturpolitische Themen, Initiativen oder Projekte vorzustellen, die für sie eine besondere Bedeutung haben und darüber hinaus auch länderübergreifend eine Rolle spielen beziehungsweise von Interesse sein könnten. Das informelle Frühstück soll der Darstellung von Entwicklungen der jeweiligen Landeskulturpolitik in Berlin dienen und zur weiteren Beschäftigung mit den Themen sowie zur Vernetzung zwischen den anwesenden kulturpolitischen Akteuren anregen.
Nach der Begrüßung durch Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, thematisierte Ministerin Dr. Manja Schüle in ihrem einleitenden Grußwort die kulturpolitische Strategie des Landes Brandenburg. Sie erklärte, dass sich ihr Ministerium als „Kulturermöglicher“ sehe, der im Flächenland Brandenburg in enger Zusammenarbeit mit der Kulturszene und den Akteuren vor Ort Angebote zur kulturellen Teilhabe stärken und sichtbar machen möchte. Als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat das Ministerium Ende 2020 eine Reihe von Regional- und Landeskulturkonferenzen unter dem Motto „Kultur hat Zukunft“ mit Vertretern aus Politik und Wissenschaft sowie regionalen Kulturverwaltungen, Kultureinrichtungen, Einzelkünstlerinnen und -künstlern und Kulturverbänden initiiert.
Diese wurden auch dafür genutzt, Kultureinrichtungen aktiv in die derzeitige Überarbeitung der kulturpolitischen Strategie einzubinden, die 2024 präsentiert werden soll. Schüle betonte, wie bedeutsam die Vernetzung von Kulturszene und Zivilgesellschaft – gerade auch in Krisenzeiten – sei und umriss das Förderprogramm „Regionale Kulturelle Ankerpunkte“, mit dem ihr Haus in der ersten Förderrunde bereits neun spartenübergreifende Projekte regionaler Kulturträger im ländlichen Raum erfolgreich gefördert hat. Ein wichtiges Ziel der geförderten Projekte ist es, insbesondere ehrenamtliche und zivilgesellschaftliche Akteure einzubinden.
Über die Wirkung des Ankerpunkte-Programmes sprach im Anschluss Dr. Anna Stegmann von der Agentur Syspons GmbH, die mit der Evaluierung des Förderprogramms betraut ist, und stellte heraus, dass die Förderung mit Landesmitteln in den lokalen Institutionen und Gemeinschaften als Wertschätzung wahrgenommen werde. Sie verwies aber auch auf die Herausforderung, die im ländlichen Raum insbesondere im Bereich Mobilität bestehe. Für die Ansprache und Aktivierung der Menschen vor Ort stelle sich dabei ein Zugang über andere partizipative Lebensbereiche, wie z.B. gemeinsame Gartenarbeit, als besonders wirksam heraus. Auf diese Weise könnten sich Kultureinrichtungen als sogenannte Dritte Orte etablieren, die einen Ausgleich zu Familien- und Arbeitsleben bieten und Gemeinschaft ermöglichen.
Brigitte Faber-Schmidt, Abteilungsleiterin Kultur im MWFK, erläuterte in ihrem Impulsvortrag die aktuelle Weiterentwicklung der kulturpolitischen Strategie und betonte, dass dabei insbesondere dem ländlichen Raum Priorität eingeräumt werde. Es sei wichtig, bedarfsgerechte Angebote zu schaffen und dabei strukturell offen und prozessorientiert vorzugehen. Sie stellte die sechs Gestaltungsfelder vor, die den Kern der Strategie bilden werden: 1) Kulturelle Teilhabe ermöglichen; Zugänge schaffen; 2) Vielfalt und Respekt im Zentrum Europas leben, internationale Verbindungen ausbauen; 3) Transformation befördern, Verantwortung für die Zukunft tragen, Kulturerbe und Wandel erlebbar machen; 4) Kultur in und mit den ländlichen Räumen vernetzen; 5) Natur respektieren, Ressourcen schonen, nachhaltig arbeiten und wirken; 6) Digital bewahren, arbeiten und vermitteln, Wissen öffnen und teilen. Als positives Beispiel aus der Praxis nannte sie die Zusammenarbeit mit Organisationen im Tourismusbereich, die zeige, wie wichtig es sei, auch Akteure außerhalb der Kulturszene als Teil der Wertschöpfungskette zu begreifen.
In der anschließenden Fragerunde ging es um die Chancen und Herausforderungen einer flexiblen, prozessorientierten Förderung. Angesprochen wurden u. a. die Verortung der Kultur im weiteren zivilgesellschaftlichen Kontext und ihre gesellschaftspolitische Bedeutung, die Zusammenarbeit der Kulturpolitik mit dem Tourismusmarketing des Landes, aber auch das Spannungsverhältnis zwischen Kunstfreiheit und gesellschaftspolitischen Anforderungen an öffentlich geförderter Kultur. Ministerin Schüle verwies zudem auf die Einbindung der Kultur in das Notfallprogramm des Landes Brandenburg als Beleg für die Systemrelevanz von Kultur auch in Krisenzeiten.