Vergrabenes Grisaille
Auf Burg Siersberg machte die Landesarchäologie des Saarlandes mit einem mittelalterlichen Bleiglasfenster, vermutlich aus dem späten 13. Jahrhundert, einen spektakulären Grabungsfund. Die Ruten des Bleinetzes waren mit brachialer Gewalt zusammengebogen und das Fenster in einer Abortgrube der Burg entsorgt worden. Das deformierte Glasfensterfragment wurde im Block geborgen und erst in der Restaurierungswerkstatt sorgfältig von den Verkrustungen der Jahrhunderte befreit. Ans Licht kamen filigrane Grisaille-Malereien. Europaweit gibt es weniger als eine Handvoll vergleichbarer Funde, was das Siersberg-Fenster zu einer archäologischen Sensation macht, die nach aufwendiger Restaurierung erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert werden kann.
Die Glasscheiben waren bei Fund in äußerst kritischem Zustand: stark korrodiert, in viele Fragmente zerbrochen und von Schmutzverkrustungen überdeckt. Erst naturwissenschaftliche Untersuchungen wie 3D-Computertomographie und Rasterelektronen-Mikroskopie brachten Hinweise auf die feinen Bemalungen und rechtfertigten so das umfangreiche Restaurierungsprojekt. Die fragilen Fragmente wurden gereinigt und gefestigt, um einen endgültigen Verfall zu verhindern. Danach erfolgte das Zusammensetzen zu größeren Scheibenverbänden. So konnten über ein Dutzend Glassegmente wieder zusammengefügt und deren Bemalung sichtbar gemacht werden – außerordentliche Erkenntnisse für die Rekonstruktion des Fensters und die Erforschung mittelalterlicher Glasmalereitechnik. Die aufwendige Restaurierung wurde durch dieUnterstützung der Kulturstiftung der Länder im Rahmen der Initiative Kunst auf Lager ermöglicht.
Das Museum für Vor- und Frühgeschichte Saarbrücken präsentiert von 19. November 2016 bis 19. Februar 2017 die frisch restaurierten Objekte zusammen mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen erstmalig der Öffentlichkeit. In einer Sonderpräsentation in der Saarbrücker Schlosskirche zu sehen ist das komplette Fundensemble, bestehend aus dem Bleirutennetz, dem Windeisen und den bemalten Glasscheiben sowie den keramischen Beifunden aus der Grube. Ergänzend veranschaulicht ein Modell des Fensters in Originalgröße den ursprünglichen Zustand. Weitere Beispiele von Glasmalerei aus saarländischen Fundstätten bieten zudem Möglichkeit zu Vergleichen.