Unter jedem Grabstein eine Weltgeschichte

Der Klavierbauer Carl Bechstein, der Schriftsteller Friedrich Spielhagen (ein Wegbereiter der modernen Literatur und Zeitgenosse Fontanes), der Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaften Franz Bopp oder Franz Gustav Duncker, Gründer der Berliner Volkszeitung, sie alle sind auf Berliner Friedhöfen bestattet. Doch die Grabmale der bekannten Berliner sind in einem beklagenswerten Zu­stand. Der Berliner Staatssekretär für Kulturelle Angelegen­heiten André Schmitz und die Gartendenkmalpflege im Landesdenk­malamt Berlin starten deshalb nun für diese Grabanlagen und weitere insgesamt 100 wertvolle, in ihrer Substanz aber gefährdeten Grabmale aus dem 19. und 20. Jahrhundert auf 20 Berliner Friedhöfen eine großangelegte Spendenaktion, um die Grabanlagen vor dem Zerfall zu bewahren. In einer opulent bebilderten Fundraising-Publikation des Landes­denkmalamts Berlin werden die restaurierungsbedürftigen Grabdenkmale in ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung und ihrem heutigen Zustand auf 250 Seiten mit detailreichen Texten zu den Verstorbenen, den Grabstätten und ihren Künstlern ausführlich vorgestellt. Ausgewählt wurden Grabmale in unter­schiedlichen Stilrichtungen der Grabzeichen oder Grabbauten und Gräber von überwiegend bedeutenden, wenn auch nicht immer allgemein bekannten Persönlichkeiten, jeweils versehen mit dem für die Restaurierung notwendigen Betrag. Die Kulturstiftung der Länder unterstützte die Erstellung der Publikation.

Unter dem Titel „Unter jedem Grabstein eine Weltgeschichte. Berliner Grabmale retten“ startet das Landesdenkmalamt Berlin damit erstmals einen umfassenden Spendenaufruf und wirbt in seiner Publikation, die kostenlos an Interessierte verschickt wird, für Spenden und um Patenschaften zur Erhaltung von restaurierungsbedürftigen Grabmalen.

Berlin besitzt mit diesen Gräbern einen Schatz, der in Europa seinesgleichen sucht: Die Friedhöfe und ihre Grabdenkmale erscheinen wie ein Bilderbuch der eindrucksvollen Vergangenheit einer europäischen Metropole. Mit einer Fläche von über 1.000 Hektar sind die Friedhöfe das wohl größte Museum Berlins. Dieses einzigartige Erbe ist gefährdet, denn viele Grabdenkmale drohen buchstäblich zu zerfallen. Um dem entgegen zu wirken, ruft das Landesdenkmalamt Berlin nun mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Charlotte Böhme-Roth-Stiftung zu Spenden für die 100 ausgewählten Grabdenkmale auf. Es werden Förderer gesucht, die die Instandsetzung dieser Denkmale finanzieren und damit den kulturellen Reichtum unserer Friedhöfe erhalten. Zugleich können auch einige der Gräber für die eigene Bestattung belegt werden (Grabstätte muss zusätzlich zur Spende separat erworben werden). Der Spendenaufruf richtet sich an Bürger, Institutionen, Stiftungen, Firmen und alle Menschen, die sich für den Erhalt des Berliner Friedhofserbes engagieren. Der Erhaltungszustand der Gräber reicht von ‚weitgehend erhalten’ (2.000,- Euro erforderliche Restaurierungssumme) bis ‚ruinös’ (200.000,- Euro Finanzierungsbedarf), berücksichtigt sind Friedhöfe und Grabstätten verschiedener Konfessionen in ganz Berlin (z. B. evangelische Fried­höfe vor dem Halleschen Tor und an der Bergmannstraße in Kreuzberg, Alter St. Matthäuskirchhof in Schöneberg, Sophienfriedhof II und Elisabethfriedhof in Mitte, jüdische Friedhöfe an der Schönhauser Allee/Prenzlauer Berg und Herbert-Baum-Straße in Weißensee). Interessierte Mäzene können sich vom Landes­denkmalamt Berlin eingehend beraten lassen.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, sich für die Erhaltung von Grabmalen zu engagieren:

  • Der Mäzen / die Mäzenin bringt die volle erforderliche Summe für die Restaurierung auf.
  • Der Spender / die Spenderin überweist einen Betrag in beliebiger Höhe an die Stiftung Historische Kirchhöfe und Friedhöfe für ein beliebiges Grab oder er / sie beteiligt sich an einer Spendenaktion für ein bestimmtes Grab.
  • Der Pate / die Patin engagiert sich langfristig. Er / sie finanziert die Restaurierung und möglichst die anschließende Pflege der Grabstätte. Damit kann auch die Möglichkeit verbunden werden, sich selbst auf dieser Grabstelle bestatten zu lassen. Das muss individuell mit der Friedhofsverwaltung über einen Patenschaftsvertrag vereinbart werden.