Frankfurts Fotos
Als „Schatzkammer der frühen Fotografiegeschichte“ bezeichnete Max Hollein, Direktor des Städel Museums, die Sammlung historischer Fotografien der Eheleute Wiegand, die der Städelsche Museums-Verein mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung für das Frankfurter Städel Museum kürzlich erworben hat. Im Rahmen der Neueröffnung des Sammlungsbereichs „Kunst der Moderne“ im Gartenflügel des Museums werden die Fotografien jetzt – einmalig in Deutschland – Seite an Seite mit Malerei und Skulptur präsentiert. Ein Teil der Kollektion gelangte als Schenkung der Sammler in das Städel Museum.
Konsequent und mit großer Kennerschaft hat Wilfried Wiegand, Kunsthistoriker, Publizist von Standardwerken zur Fotografiegeschichte und ehemaliger Feuilletonchef der FAZ, seit den 1970er Jahren die Sammlung mit etlichen Ikonen der Fotografiegeschichte zusammengetragen: Er konzentrierte sich dabei auf den Erwerb wichtiger Einzelwerke, auf Aufnahmen und Abzüge von großer Seltenheit und herausragender Qualität, die die Entwicklung der Fotografie von der Frühzeit bis in die 1930er Jahre dokumentieren. Die Sammlung umfasst 200 Fotografien, darunter Aufnahmen der Fratelli Alinari und der Bisson Frères, von Eugène Atget, Brassaï, Hugo Erfurth, Andreas Feininger, André Kertész, Porträtfotografien Man Rays, Nadars und August Sanders, weiterhin Fotografien von Hans Finsler, Dora Maar und vielen anderen. Damit gewährt die Zusammenstellung auch einen Überblick über die vielseitigen Verfahren der frühen fotografischen Techniken: Abzugstechniken wie Salzpapier und Albumin oder Edeldruckverfahren wie Platin- und Gummidruck. Das früheste Bild der Sammlung entstand um 1840, also unmittelbar nach der Erfindung der Fotografie durch den Franzosen Daguerre und den Engländer Talbot im Jahr 1839; des Weiteren kann das Städel nun viele bedeutende und rare Werke aus der Frühzeit der Fotografie zwischen 1840 bis 1860 sein Eigen nennen – vorwiegend Architektur- und auch Landschaftsaufnahmen, darüber hinaus Aufnahmen der Pictorialisten um 1900 mit Arbeiten Heinrich Kühns, Gertrude Käsebiers und des Barons Wilhelm von Gloeden sowie Fotografien aus den 1920er Jahren, hier besonders der Klassischen Moderne, Stillleben und Reportagefotografie. Unter den bedeutenden Porträtfotografien der Sammlung befindet sich auch eine Reihe von Künstlerporträts mit u. a. Hugo Erfurths Aufnahme Käthe Kollwitz (1925) und August Sanders Doppelporträt Martha und Otto Dix (1925/26).
Die Sammlung Wiegand ergänzt so auf hervorragende Weise den wichtigen Schwerpunkt der Frankfurter Sammlung – die Kunst des 19. Jahrhunderts und der Klassischen Moderne.