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Den entscheidenden Zuschlag erhielt 1579 das Naumburger Domkapitel. Mit dem ebenfalls nicht säkularisierten Domstift Merseburg hatte es um den Erwerb von acht prachtvoll illuminierten Chorbüchern konkurriert. Jeweils über 80 cm hoch, über 60 cm breit und bis zu 46 Kilogramm schwer: Die größten mittelalterlichen Handschriften aus deutschen Ländern waren in den Jahren 1500 bis 1504 im Auftrag von Bischof Johann VI. von Saalhausen für das Domkapitel Meißen gefertigt worden. Im Zuge der Reformation gingen die Bücher aus dem Besitz des Hochstifts Meißen in den des Landesherrn über, der sie schließlich nach Naumburg verkaufte. Über dreihundert Jahre später trennte eine unbekannte Hand eine Seite heraus. Anfang des 20. Jahrhunderts verließ das Blatt Naumburg – und kehrt nun zurück. Aus schweizerischem Privatbesitz bot es das Londoner Auktionshaus Sotheby’s in seinem Katalog für die Auktion am 3. Juli 2018 an. Die Vereinigten Domstifter konnten es jedoch vor dem Termin für ihre Bibliothek erwerben. Die Kulturstiftung der Länder förderte den Ankauf anteilig mit 3.188 Euro.

„Für den Erhalt der Naumburger Chorbücher engagiert sich die Kulturstiftung der Länder immer wieder: Über die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts förderten wir die Restaurierung eines ersten Bandes, unser Freundeskreis unterstützte die Konservierung dreier weiterer Bücher“, sagt Prof. Dr. Frank Druffner, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder und Geschäftsführer des Freundeskreises. „Die Ergänzung der Chorbücher um das verlorengeglaubte Blatt setzt unsere gemeinsamen Bemühungen fort, diese einmaligen Zeugnisse mittelalterlicher Buchkunst für die Zukunft zu sichern.“  Im Ostchor des Doms lagen die schweren Bücher auf eigens dafür angefertigten Pulten jahrhundertelang aus, täglich wurden ihre Seiten für das Stundengebet geblättert. Denn die Naumburger Kanoniker hielten an der Meißner Liturgie fest, bis die Gesänge 1874 schließlich ausklangen.

Zwei Tauben bringt Maria als Reinigungsopfer im Tempel dar, ihr gegenüber hält Simeon das Jesuskind: Die Miniatur-Darstellung im rechten Eck des 75,5 × 55,5 cm messenden Blattes zeigt die „Darstellung des Herren“ wie sie das Evangelium nach Lukas überliefert. Den Gesetzen des Buches Moses folgend, übergibt die junge Mutter 40 Tage nach der Geburt ihren erstgeborenen Sohn den Priestern und opfert die beiden Vögel. Mittig platziert sind die blaugefiederten Tiere auch auf der Buchmalerei gut zu erkennen.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Land Sachsen-Anhalt, Verein der Freunde und Förderer der Vereinigten Domstifter e.V.