Beschreibung
Der norwegische Maler Edvard Munch (1863-1944) sollte durch eine Ausstellung seiner Bilder in Berlin 1892 einen lange schwelenden Konflikt innerhalb der Berliner Künstlerschaft zur Eskalation bringen. Die modernen Richtungen der zeitgenössischen Kunst – Impressionismus und die Anfänge des Expressionismus – entfernten sich eindeutig von den Richtungen des Historismus. Kurz nach der Eröffnung der Munch-Ausstellung wurde diese wieder geschlossen und spaltete die Berliner Künstler endgültig in zwei Lager. 1898 sollte die sogenannte Munch-Affäre mit dazu beitragen, die Berliner Sezession zu gründen. Der Berliner Ingenieur und Industrielle Walther Rathenau (1867-1922), der als Außenminister der Weimarer Republik 1922 von Rechtsradikalen ermordet wurde, hatte schon 1893 ein erstes Gemälde von Edvard Munch erworben. 1907 ließ er sich von dem Norweger malen. Munch malte das Bild des in Lebensgröße dargestellten Rathenau in einem temperamentvollen, geschwungenen Duktus. Rathenau, der sich von dem Maler erkannt fühlte, reagierte auf sein Porträt mit folgendem Satz: Ein ekelhafter Kerl, nicht wahr? Das hat man davon, wenn man sich von einem großen Künstler malen läßt, da wird man ähnlicher, als man ist.Jahrzehntelang hing das in zweierlei Hinsicht so bedeutende Gemälde – Maler und Modell betreffend – als Leihgabe der Familie Rathenau im Märkischen Museum Berlin, bis die Vereinigung der deutschen Staaten die vollständigen Eigentums- und Verfügungsrechte der Familie wiederherstellte. Als sich die Erben 1991 entschlossen, das Gemälde Munchs zu verkaufen, stand fest, daß dieses für Berlin sowohl historisch als auch kunsthistorisch unersetzbare Werk in der Stadt verbleiben mußte. Durch die gemeinsamen Anstrengungen der Kulturstiftung der Länder, der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin und des Ernst von Siemens-Kunstfonds konnte das Gemälde endgültig für den Bestand des Märkischen Museums gesichert werden.