Beschreibung
Das zum Ankauf angebotene Konvolut von Handschriften Theodor Storms war der Forschung bisher nicht zugänglich. Es enthält, wie sich nun zeigte, unter anderem die vollständigen Reinschriften von sechs Novellen Storms. Von den insgesamt 46 Novellen, die Storm veröffentlichte, waren bislang nur für 18 Reinschriften bekannt, davon sogar nur eine einzige für die 16 zuerst veröffentlichten Novellen. Während Reinschriften üblicherweise keine besonderen philologischen Aufschlüsse erwarten lassen, ist dies im Falle Storms jedoch anders: er entwickelte nämlich eine Strategie der Erarbeitung der Endfassung, in der die Reinschrift – anders als üblich – nicht den Abschluß in der Entstehungsgeschichte eines Werks bildet, sondern eine Arbeitsstufe, an die sich weitere anschließen. Diese weiteren Stufen können die Fahnenkorrektur des Erstdrucks, die Überarbeitung des Erstdrucks für die Buchausgabe und schließlich die Fahnenkorrektur der Buchausgabe sein. Vorlesen des Manuskripts vor Freunden, aber auch die Kritik des Zeitschriftenabdrucks durch Freunde und Leser wurden bewußt in den künstlerischen Arbeitsprozeß integriert. Neben den sechs Reinschriften stehen als weiteres nahezu geschlossenes Teil des Konvoluts 123 Seiten der bislang verschollen geglaubten Entwurfsblätter zu Storms größter und bedeutendster Novelle Der Schimmelreiter, einschließlich einer Schauplatzzeichnung, die Storm 1885 beim Deichbauinspektor Eckermann bestellt hatte (die Deiche, wenn solche angegeben sind, möglichst deutlich). Solche Kladdepapiere sind gerade im Vergleich mit der auch für den Schimmelreiter erhaltenen Reinschrift – die schon 1938/39 von der damaligen Provinz Schleswig-Holstein zusammen mit dem Stormschen Hauptnachlaß erworben werden konnte – von unschätzbarem Wert. Ein dritter Teil des Nachlasses besteht aus 110 Einzelstücken, vorwiegend Korrepondenzen der Verleger Storms mit diesem und seinem Sohn Ernst, aus dessen Nachlaß wiederum das nun angebotene Konvolut stammt.Es bedurfte kaum noch der – trotzdem eingeholten und äußerst überzeugend ausgefallenen – Gutachten, um die Kulturstiftung der Länder, das Bundesministerium des Innern, die Kulturstiftung des Landes Schleswig-Holstein und die Theodor-Storm-Gesellschaft zu überzeugen, hier entschlossen zu handeln und das unschätzbare konvolut für die Forschung, aber auch für die Öffentlichkeit zu sichern. Das Storm-Archiv der Thoedor-Storm-Gesellschaft e. V. bot sich als Aufbewahrungsort idealtypisch an, zumal die jahrelangen Bemühungen des Präsidenten der Gesellschaft, Prof. Dr. Laage, ausschlaggebend für die erfolgreiche Veräußerung des Konvoluts an das Archiv waren.