Beschreibung
Der kunsttheoretische und kunstpädagogische Nachlaß von Adolf Hölzel (1853-1934) umfaßt 2355 handschriftliche Schriftstücke mit 314 zum Teil farbigen Zeichnungen.Hölzel durchmaß eine geradezu sprunghafte Entwicklung vom Naturalismus Münchner Prägung zu einer vereinfachenden und symbolistischen Landschafts- und Figurenmalerei in Dachau. In Stuttgart wohin er 1905 an die Kunstakademie berufen wurde, vollzog der nunmehr 52-Jährige den Schritt zur Abstraktion. Vorausgegangen war 1887 ein Aufenthalt in Paris und die Begegnung mit den Impressionisten und nach der Jahrhundertwende Kontakte zu den Nabis.Hölzels liebenswürdige Ausstrahlung, verbunden mit seiner Fähigkeit zur Analyse und Didaktik übten eine starke Anziehungskraft aus. Wie schon in Dachau, wo Emil Nolde und Ida Kerkovius von ihm unterrichtet wurden, entfaltete er in Stuttgart eine revolutionäre Lehrtätigkeit, die unter seinen Kollegen nicht unangefochten blieb. Für einige Zeit war die Stuttgarter Akademie, an der er bis 1919 lehrte, neben München und Dresden, ein Zentrum der Avantgarde. Zu Hölzels Schülerkreis gehörten unter anderen Max Ackermann, Willi Baumeister, Johannes Itten und Oskar Schlemmer. Seine Lehre von den Bildnerischen Mitteln wurde zur Grundlage des Unterrichts am Bauhaus in Weimar und Dessau.Darüber hinaus ist Hölzel mit seinem künstlerischen Werk als Erneuerer der religiösen Malerei im 20.Jahrhundert anzusehen. So dominieren in seinem Oeuvre religiöse Themen, die er in eine abstrahierende Bildgestaltung einbettete. Auch bei seinen Wandbildern und farbsymphonischen Glasfenstern ging es ihm um die Gesetzmäßigkeit des Bildaufbaus, seine Fundierung in der Idealproportion des Goldenen Schnitts und um eine auf den primären und sekundären Kontrasten des Spektrums basierenden Farbharmonie. Hölzel betrachtete das Bild als harmonisches Ganzes, in dem sich die göttliche Ordnung der Schöpfung manifestieren sollte. Seine Beschäftigung mit Farbe mündete in die Entwicklung einer eigenen Farbtheorie, die bei der Farblehre Goethes ansetzt.Bildnerisches Gestalten und Theoriebildung gingen bei Hölzel immer Hand in Hand. So kommt es auch, daß sich seine Lehre außer in einigen Vorträgen und Artikeln, wie Künstlerische Ausdrucksmittel und deren Verhältnis zu Natur und Bild von 1904, kaum in zusammenhängenden Texten überliefert hat. Es handelt sich vielmehr um eine Fülle von Tagesnotizen und aphoristischen Aufzeichnungen, oft mit Skizzen, die seinen schriftlichen Nachlaß bilden. Sie gewähren Einblick in die Genese seines bildnerischen Denkens und in das Ausmaß seiner bahnbrechenden Wirkung.Da die Staatsgalerie in Stuttgart bereits über einen Großteil des schriftlichen Nachlasses von Hölzels Schüler Oskar Schlemmer verfügt, wie auch über zahlreiche Autographen und Dokumente von Willi Baumeister, ist der Erwerb dieses umfangreichen Konvoluts und damit seine Bewahrung und Forschungsmöglichkeit in der Stadt seines Wirkens besonders sinnvoll. Der Ankauf von der Enkelin des Künstlers wurde möglich mit Mitteln der Kulturstiftung der Länder, dem Land Baden-Württemberg, der Landesgirokasse Stuttgart und einem großzügigen Mäzen, der ungenannt bleiben möchte.