Prämiert: Ateliers in Grundschulen

In ihr Buch versunken sitzt das dunkelhaarige Mädchen auf der obersten Stufe inmitten der weißen Umgebung, die Beine baumeln frei. Sieht sie den Mann, der seinen Kaffee verschüttend über die Treppe rechts stolpert? Die zwei kleinen Kinder hoch oben im Baum? Auf Zuckertüten platziert, aus Raffinade modelliert: Entstanden ist die Arbeit im Atelier von Merle Richter. Doch nicht die akademisch ausgebildete Künstlerin selbst schuf das Tableau, sondern eine Schülerin der 6. Klasse der Berliner Johann-Peter-Hebel-Schule. Dort bezog die Stipendiatin Richter vor drei Jahren ihr Atelier in der ersten Runde des Programms „Max – Artists in Residence an Grundschulen“, das die Stiftung Brandenburger Tor 2015 in Kooperation mit der Universität der Künste Berlin ins Leben rief. Ästhetische Bildung zu fördern, in den Schulalltag zu integrieren und so ihren Stellenwert zu erhöhen – die Robert Bosch Stiftung trägt als Kooperationspartnerin des Programms diese Ziele durch ihre Förderung mit. Mindestens drei Tage die Woche arbeiten die Künstler*innen aus allen Gattungen in ihren Ateliers in einer der inzwischen acht Schulen im Raum Berlin-Brandenburg. Jenseits der Notenskala, frei von Kategorien wie richtig und falsch, gut und schlecht erfahren die Kinder hier künstlerische Gestaltungsprozesse. Zweifel an und Verwerfen von eigenen Ideen erleben sie ebenso wie Freude am eigenen Ausdrucksvermögen und am Entdecken neuer Materialien. So wie zum Beispiel Zucker. Schüchtern betrat die 6.-Klässlerin den Atelierraum, erinnert sich Merle Richter. Was, wenn die zündende Idee ausbleibt? Im sich allmählich entwickelnden Gespräch erfährt die Künstlerin dann von den Leidenschaften ihrer jungen Kollegin: Backen und experimentelles Kochen. In Kombination mit Wachs erweist sich schließlich herkömmlicher Zucker als Werkmaterial der ersten Wahl. Dass die eigenen Ideen und das Ringen um deren Umsetzung im Fokus stehen, betont auch die französische Künstlerin Elma Riza. An der Rose-Oehmichen-Schule im ersten, an der Nürtingen Grundschule im zweiten Jahr gestaltet die Performance-Künstlerin Bildungsprozesse mit den Schüler*innen, eröffnet gemeinsame Erfahrungsräume. Schließlich ist es auch ihr erster Atelierraum. Zwei Ausstellungen zeigen diesen Ort der künstlerischen Kreativität; sowohl die Entstehung als auch das Ergebnis werden sichtbar. Insbesondere die Abschluss-Ausstellungen, aber auch sogenannte Standortgespräche zum Austausch über die Zusammenarbeit zwischen Schüler*innen, Kunstschaffenden und Lehrkörper, Workshops für die Stipendiat*innen und Formate für die Öffentlichkeit machen das Profil des Programms deutschlandweit einmalig.

Vertreter der Stiftung Brandenburger Tor, Gewinner des Zukunftspreises für Kulturbildung – DER OLYMP, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender
Vertreter der Stiftung Brandenburger Tor, Gewinner des Zukunftspreises für Kulturbildung – DER OLYMP, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender

DER OLYMP – Zukunftspreis für Kulturbildung 2018, verliehen von der Kulturstiftung der Länder und der Deutsche Bank Stiftung, geht in der Kategorie „Programme Kultureller Bildung“ an die Stiftung Brandenburger Tor:

„Die Jury würdigt die außergewöhnliche Symbiose, die im Programm ‚Max – Artists in Residence an Grundschulen‘ angelegt ist: Hier werden umfassende, langfristige und kontinuierliche Begegnungen zwischen Schüler*innen und Künstler*innen ermöglicht. Das Besondere ist der gegenseitige Lerneffekt: Denn es geht primär darum, dass beide Seiten voneinander profitieren und verändert aus dem Prozess hervorgehen.“