Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Die Sammlung Dr. Ernst Gallinek ist ein seltenes Zeugnis der Tätigkeit von privaten Sammlern der Zwischenkriegszeit. Kaum eine dieser Sammlungen ist in ihrer Gesamtheit erhalten. An ihrem Beispiel, die eng mit der Geschichte des Badischen Landesmuseums verknüpft ist, lässt sich auch beispielhaft die Geschichte NS-verfolgungsbedingt entzogener Kunst und die Rolle der deutschen Behörden und Museen seinerzeit erzählen. Wir freuen uns, mit unserer Förderung den Ankauf von 14 einzigartigen Objekten zu ermöglichen.“
Das Grußwort von Prof. Dr. Markus Hilgert im Video:
Der jüdische Kunstsammler Ernst Gallinek wurde 1865 in Breslau geboren, bis zu seinem Tod 1940 verblieb die Sammlung in seinem Besitz. 1941 wurden die Objekte durch die damalige „Generaldirektion der Oberrheinischen Museen“ als „staatliches Eigentum“ eingezogen und an das Badische Landesmuseum überwiesen. Die französische Militärregierung wies 1947 darauf hin, dass es sich bei der Sammlung Gallinek um „zu Unrecht“ überwiesenes Kulturgut handelt. 1953 wurden die Objekte im Landesmuseum inventarisiert. Nachdem sie 2008 als NS-Raubgut identifiziert worden war, wurde die Sammlung 2020 an die Erben von Dr. Ernst Gallinek restituiert. Seither wurde sie als Dauerleihgabe in Karlsruhe verwahrt. Das Land erwirbt die Objekte nun für das Museum von der Erbengemeinschaft Dr. Ernst Gallineks.
Die umfangreiche Sammlung europäischer und ostasiatischer Porzellane umfasst 466 Porzellanobjekte, darunter Geschirre, Vasen und figürliches Porzellan. Der Sammlungsschwerpunkt liegt auf Rokoko-Porzellan des 18. Jahrhunderts. Fast 40 Prozent der Objekte sind aus Meißener Porzellan, sie stammen aus allen wichtigen stilistischen Phasen zwischen 1710 und 1760. Weitere Objekte sind in Berlin und Wien gefertigt sowie einzelne Stücke aus Manufakturen wie Fulda, Nymphenburg oder Bayreuth. Die Sammlung Gallinek ist eine der wenigen erhaltenen bürgerlichen Porzellansammlungen, die aus der Zeit vor 1933 stammt und in ihrer Gesamtheit erhalten ist. Aufgrund des Umfangs der Sammlung verzichtete das Badische Landesmuseum seit der Nachkriegszeit auf den Ankauf weiterer Porzellanobjekte. Somit macht die Sammlung heute nahezu den vollständigen Porzellanbestand des 18. Jahrhunderts des Museums aus. Mit der Erwerbung wird der Verbleib dieser Sammlung im Museum gesichert.
Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf von 14 Porzellanobjekten aus der Sammlung Gallinek. Diese Objekte wurden als national bedeutend identifiziert, ihre Bedeutung begründet sich hierbei vor allem in ihrer Einzigartigkeit und Seltenheit. Die geförderten Objekte sind: ein mit Chinoiserien bemalter Teller (um 1735); ein Walzenkrug mit einer Arzt- oder Apothekerszene (um 1725-1730); eine weiß glasierte Groteskenkanne mit Muschelfuß und einem Männerkopf (um 1728); eine Vase mit zwei plastisch aufgesetzten Medusenhäuptern (um 1710-1715); eine sogenannte „Callotfigur“ – ein auf einem Podest stehender Zwerg, der eine Maultrommel spielt (um 1720); eine kleine Kanne in Form eines Pfirsichs nach chinesischem Vorbild (um 1723); eine Porzellanplastik in Form eines sitzenden Pinseläffchens (um 1730); ein modellierter, sitzender Hund (Datierung unbekannt); eine Porzellanplastik mit der Bezeichnung „Sich küssendes Paar“ (2. Viertel des 18. Jh.); eine große Vase mit stilisierten Blüten und räumlichen Landschaften (Datierung unbekannt); eine Schale mit drei stehenden Kranichen aus der Sammlung August des Starken (18. Jahrhundert); ein Vasenpaar mit reicher Blütenmalerei und figürlichen Szenen (um 1725-1730) und eine Porzellanplastik mit einem Sperber auf einem Baumstrunk (um 1739-40).
Die Porzellanobjekte der Sammlung Gallinek wurden digitalisiert und sind ab 13. April im Digitalen Katalog des Badischen Landesmuseums öffentlich zugänglich. Zum Digitalen Katalog: https://katalog.landesmuseum.de/exhibitions/
Weitere Förderer: Museumsstiftung Baden-Württemberg