Porträt der Amalia Augusta von Anhalt-Dessau zurück in Dessau
Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das Portrait der Amalia Augusta von Anhalt-Dessau gilt nicht nur als eines der schönsten Kinderbildnisse der deutschen Kunst. Es kehrt zurück an den Ort, wo es entstand, wo es einst hing und wo es künftig in der Gruppe der Gemälde von Johann Friedrich August Tischbein gezeigt wird. Bereits vor 10 Jahren konnte die Kulturstiftung der Länder die Erwerbung des Porträts der Christiane Amalie von Anhalt-Dessau fördern. Ich freue mich, dass wir nun erneut die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau bei der Erwerbung eines Gemäldes unterstützen konnten, das so zahlreiche Anknüpfungspunkte für die Vermittlung der Regional- und Kulturgeschichte bietet.“
Das lebensgroße Format zeigt die Tochter des Erbprinzen, wie sie nach dem Weihnachtsbaumschmuck greift. Es ist zugleich die früheste Wiedergabe eines geschmückten Weihnachtsbaumes. Amalia Augusta trägt ein weißes Chiffonkleid und ein hellblaues Seidenband, sie sind Ausdruck der neuen Auffassung von Natürlichkeit und Bürgerlichkeit gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Zimmerdekoration im Hintergrund verortet die Szene mit Amalia Augusta im Herzoglichen Residenzschloss von Dessau. Auf der Bildvorderseite finden sich die Künstlersignatur Tischbeins und das Jahr der Fertigstellung des Bildes. Auf der Rückseite gibt eine Inschrift bis auf den Tag genau das Lebensalter der dargestellten Amalia Augusta an. Diese beiden Angaben spiegeln das Spannungsverhältnis zwischen fürstlicher Repräsentation und Privatheit (genaues Alter) wider. Amalia Augusta gehörte wie auch ihre Mutter Christiane Amalie zu den zeitweiligen Bewohnern des Schlosses Georgium. Nach dem Tod ihres Mannes, Erbprinz Friedrich, wurde Christiane Amalie 1815 das Schloss Georgium von Fürst Franz (1740-1817) als Sommersitz zugewiesen. Bis zu ihrem Tod (1846) verbrachte sie die Sommermonate im Schloss.
Der Maler Johann Friedrich August Tischbein gilt als Innovator der Porträtkunst im deutschsprachigen Raum. Er zeigte die portraitierten Adeligen von einer privateren und bürgerlicheren Seite. Unter anderem in Paris ausgebildet, war Tischbein von 1795 bis 1800 als Hofmaler für Leopold Friedrich Franz Fürst von Anhalt-Dessau tätig, den Schöpfer des Dessau-Wörlitzer Gartenreiches. In dieser Zeit entstand auch das Bildnis der Amalia Augusta, geschaffen zunächst für die Räumlichkeiten des Residenzschlosses Dessau. Zudem fertigte er eine Reihe von Bildnissen der Herzogsfamilie von Anhalt an, von denen mehrere bereits zum Sammlungsbestand der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau gehören. Das Porträt der Amalia Augusta steht für die neue Wertschätzung des Kindes im Sinne von Rousseau auch in der Kunst sowie für eine veränderte Darstellung der Kindheit im Modus der Empfindsamkeit.
Nachdem das Gemälde der Amalia Augusta von Anhalt-Dessau zunächst im Herzoglichen Residenzschloss Dessau aufbewahrt worden war, gelangte es nach 1937 ins Schloss Ballenstedt im Harz. 1945/46 wurde es durch die sogenannte Bodenreform konfisziert und in die Moritzburg Halle/Saale gebracht. 2003 konnte das Porträt an die Erbengemeinschaft von Anhalt restituiert werden. Die Anhaltische Gemäldegalerie erwirbt das Werk nun von einer Münchner Kunsthandlung.
Das Porträt soll künftig mit weiteren, von Tischbein geschaffenen Bildnissen der Herzogsfamilie im Festsaal des Schlosses Georgium gezeigt werden. Es wird dort ein Höhepunkt der wiedereröffneten Dauerausstellung der Anhaltischen Gemäldegalerie sein. Neben dem Bildnis der Amalia Augusta von Anhalt-Dessau wird ein weiteres Hauptwerk Tischbeins präsentiert: ein Ganzfigurenbildnis der Erbprinzessin Christiane Amalie, der Mutter von Amalia Augusta. Das Bildnis fertigte Tischbein zeitgleich mit dem Porträt an (um 1797/98), es zeigt Christiane Amalie mit drei ihrer Kinder, rechts neben ihr steht Amalia Augusta. Das Bild der Erbprinzessin wurde an die Erbengemeinschaft von Anhalt restituiert und 2008/09 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und weiterer Förderer für die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau zurückerworben.
Weitere Förderer dieser Erwerbung: Ernst von Siemens Kunststiftung, Ostdeutsche Sparkassenstiftung, Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt