Passstube mit Renovierungsbedarf

Männer, Frauen und Kinder stehen dicht gedrängt vor der Absperrung des Passschalters, ungeduldig darauf wartend, endlich das begehrte Dokument zur Ausreise zu erhalten. Die Bemühungen des diensthabenden Beamten, Ordnung in die Reihen der Wartenden zu bringen, wirken vergebens an­gesichts der Masse von Menschen, aus deren Gesten Hoffnung ebenso wie Aggression und Resignation sprechen. Felix Schlesingers (1833 –1910) Werk „In der Pass- und Polizeistube vor der Emigration“ führt den Betrachter an einen Ort, an dem man möglichst nicht sein möchte: In der kleinen Amtsstube, die dem Werk seinen Titel gibt, herrscht Hochbetrieb auf engstem Raum.

Ohne die deutlichen Verweise auf seine Entstehungszeit, die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, könnte die Szene auch ohne weiteres aus unserer Gegenwart stammen: Sie zeigt Geflüchtete und Vertriebene, die mit den Habseligkeiten, die sie am Leib tragen, ihre Heimat in der Hoffnung auf ein besseres Leben verlassen. Schlesingers Pass- und Polizei­stube ist ein Schlüsselwerk seiner Hinwendung zu sozialgeschichtlich bedeutenden Sujets. Der Maler, der seine Ausbildung 1848 in seiner Heimatstadt Hamburg aufnahm, schloss sich mit dieser Arbeit den Wegbereitern Adolph Richter (1812 –1852) und Carl Wilhelm Hübner (1814 –1879) an. Sie hatten in den 1840er-Jahren die „Auswanderer-Thematik“ in die Düsseldorfer Malerschule eingeführt, die auch von Schlesinger mehrfach behandelt wurde.

Die Künstler verhalfen damit einem Sujet zur Bildwürdigkeit, das wie kein zweites die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts geprägt hat. Während in unserer Gegenwart Migration in Richtung Europa die politische Lage beherrscht, bewegten sich die Auswanderungsströme vor rund 150 Jahren in umgekehrter Richtung: Von Missernten, Hungers­nöten und politischen Unruhen gebeutelt, verließen Millionen von Deutschen ihre Heimat gen Westen – sie suchten ihr Glück vor allem in Nord- und Südamerika.

Mit seinem Gemälde hat Schlesinger diesem historischen Moment ein künstlerisches Denkmal gesetzt: In großem Detailreichtum hat er den Figuren seiner Auswanderszene eine Individualität verliehen, die das Schicksal der Emigranten auch dem heutigen Betrachter ganz unmittelbar vermittelt – von jungen Männern über eine stillende Mutter bis zum erschöpften Greis.

Als das Stadtmuseum Simeonstift das Werk kürzlich im Kunsthandel erwerben konnte, hatte das Haus schon konkrete Pläne zur zeitnahen Präsentation: Das Werk wird ab 5. Mai im Rahmen der großen Landesausstellung „Karl Marx 1818 –1883. Leben. Werk. Zeit.“ als Referenzobjekt für die Auswanderungsbewegungen des 19. Jahrhunderts ausgestellt sein – ein Thema, das nicht nur in der Biografie von Karl Marx eine wesentliche Rolle spielte, sondern exemplarisch für das Leben im 19. Jahrhundert steht. Darüber hinaus ergänzt die Neuerwerbung die stadt- und regionalgeschichtliche Sammlung in einem wesentlichen Bereich: „Das Thema Auswanderung – sei es aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen – ist ein ganz wichtiges Thema in der Großregion um Trier, das bislang nur unzureichend in unserer Sammlung repräsentiert war“, erklärt Museumsdirektorin Elisabeth Dühr. „Wir sind glücklich, dass wir diese Lücke mit einem so qualitätvollen Gemälde verkleinern konnten.“

Bevor das Werk den Besucherinnen und Besuchern präsentiert werden kann, stehen allerdings aufwendige Restaurierungsarbeiten an: Die Leinwand muss gereinigt werden, frühere – teils unsachgemäße – Restaurierungen müssen korrigiert werden, Fehlstellen gekittet und ein neuer Firniss aufgetragen. Auch der historische Rahmen hat die Zeit nicht unbeschadet überstanden, er muss gereinigt, gekittet und bronziert werden. Um das Bild für kommende Generationen zu schützen, wird es mit einer Glasscheibe und einem rückwändigen Schutz ausgestattet. Die Kosten für diese Restaurierungsarbeiten belaufen sich auf insgesamt rund 6.000 Euro.

Mit Ihrer Hilfe, liebe Leserin und lieber Leser, hoffen wir, diesem bedeutenden Werk der Düsseldorfer Malerschule wieder die einstige Strahlkraft verleihen zu können. Einen eigenen Eindruck können Sie sich dann von Mai bis Oktober im Stadtmuseum Simeon­stift verschaffen, wenn Sie den dortigen Teil der Landesausstellung „Karl Marx 1818 –1883. Stationen eines Lebens“ besichtigen.

Wir bitten Sie herzlich, liebe Leserin und lieber Leser, um Unterstützung für das Stadtmuseum Simeonstift Trier. Spenden Sie für die Restaurierung des Gemäldes „In der Pass- und Polizei­stube vor der Emigration“ von Felix Schlesinger und überweisen Sie unter dem Stichwort „Stadtmuseum Trier“ auf eines der Konten der Kulturstiftung der Länder. Vielen Dank!

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