Partizipation, Mitbestimmung und Diversität bestimmen die Arbeit der Kulturstiftung der Länder im Jahr 2022

Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Kultureinrichtungen sind Orte, in denen gesellschaftliche Werte und kulturelle Identität reflektiert und ausgehandelt werden. Wir wissen, dass 50 Prozent der Menschen in Deutschland niemals Kultureinrichtungen besuchen. Deshalb müssen wir stets darüber nachdenken, wie wir diese Menschen erreichen und zu kultureller Teilhabe einladen. Wir müssen sie ermutigen und befähigen zu Auseinandersetzung und Mitbestimmung darüber, was Kultur ist, wie sie vermittelt werden kann und was und wie Kultureinrichtungen sind und sein sollen. Diese Fragen und mögliche Antworten darauf werden uns in diesem Jahr ganz besonders beschäftigen.“

Diversifizierung der BesucherInnenstruktur von Museen

Auf eine nachhaltige Diversifizierung der BesucherInnenstruktur von Museen zielt das Projekt „MitbeStimmungsorte: Gesellschaftliche Teilhabe am Museum fördern“, eine Initiative der Ländergemeinschaft. Damit geht der Wunsch einher, Museen als lebendige gesamtgesellschaftliche Orte zu verstehen und dahingehend partizipativ zu öffnen. Dafür werden ausgewählte interessierte Museen aus allen 16 Ländern Beratungs- und Unterstützungsangebote bei Veränderungsprozessen erhalten, um individuelle Lösungen angepasst an die lokalen Rahmenbedingungen vor Ort zu erreichen. Umgesetzt werden die Beratungen in Form von Werkstätten und Einzelgesprächen.

Ziel ist es, bei diesem Modellprojekt den Querschnitt der deutschen Museumslandschaft abzubilden, weswegen kleine und große, städtisch und ländlich gelegene Museen repräsentiert sein sollen. Die inhaltliche Ausrichtung der Museen kann sich dabei über Kunst, Heimat-, Naturkunde- und Technikmuseen sowie viele weitere Sparten gleichermaßen erstrecken. Fallbezogen werden Möglichkeiten geprüft, wie beispielsweise aktive Teilhabe der Stadtgesellschaft und Mitbestimmungsmöglichkeiten an Themen, Inhalten und Formaten des Museums gelingen und in eine dauerhafte Struktur transferiert werden können. Es gilt verschiedene Barrieren, die einen Zugang zu Kultur und Museen erschweren, zu identifizieren und nicht nur punktuell, sondern auf strategischer Ebene aktiv anzugehen. Flankierend zu den Beratungsprozessen werden Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit und den Bedarfen der Museen einfließen in eine Sammlung von Praxisbeispielen.

Interkulturelle Diversifizierung deutscher Museumssammlungen

Wie sich die Realität der Bundesrepublik als Einwanderungsland noch stärker in den Sammlungen ihrer Museen widerspiegeln kann, ist eine Frage, der die Initiative „Neues Sammeln“ nachgeht. In dem Projekt geht es darum, Gemeinsamkeiten geteilter Erinnerung freizulegen, ein Bewusstsein für – auch historische – interkulturelle Zusammenhänge zu schaffen und die besondere Bedeutung von Kultur für Integration bewusst zu machen, die beispielsweise in der Abbildung von Migrationsgeschichte in Museen besteht.

Drei Museen in Deutschland sollen im Rahmen eines Pilotprojektes von der Kulturstiftung der Länder dabei unterstützt werden, eine Strategie zur interkulturellen Diversifizierung ihrer Sammlung im Hinblick auf Fragen der (post-)migrantischen Gesellschaft zu entwickeln. Dabei sollen die Häuser in einem ersten Schritt einen Blick auf die eigenen Sammlungen werfen und möglicherweise schon im Museum vorhandene Objekte identifizieren, die bisher nicht beachtete Geschichten über Migration und kulturelle Vielfalt erzählen. Als zweiter Schritt soll dann das gezielte „Neusammeln“ geplant werden. Für die Kulturstiftung der Länder ergibt sich damit gleichzeitig die Möglichkeit, ihre Kompetenzen in Fragen von Diversität und entsprechender Beratung bei der Erwerbungsförderung auszubauen. Bewerbungsstart ist der 15. Februar 2022.

Projekte in der kulturellen Bildung und Digitales

Vom 18. bis zum 20. Mai lädt die Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit der Kulturstiftung des Bundes und der Bundeszentrale für politische Bildung und in Kooperation mit der Stadt Leipzig, dem Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung zur YUNIK Konferenz für kulturelle Bildung nach Leipzig ein. Die Neuauflage der Konferenzreihe „Kinder zum Olymp“ steht unter dem Motto „Haltung in Zeiten der Polarisierung“. Während dreier Tage geht es um die Frage nach der Rolle der kulturellen Bildung, die zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Lagern wirksam werden will, welche Unterstützung die Handelnden in der Praxis benötigen und was „Haltung“ in Kontexten kultureller Bildung bedeutet. Details zum Programm sowie Hinweise zur Anmeldung sind in Vorbereitung und folgen bald.

Derzeit entwickelt die Kulturstiftung der Länder ein Online-Portal für kulturelle Bildung in Deutschland, das Projekte, Zahlen und Fakten zur kulturellen Bildung, bundesweite und lokale Anlaufstellen, aktuelle Diskurse und wissenschaftliche Erkenntnisse sowie kulturpolitische Themen als kuratiertes und interaktives Schaufenster vorstellt. Das Projekt, das von der Mercator Stiftung gefördert wird, richtet sich an Akteurinnen und Akteure aus der Praxis und Zivilgesellschaft, an für kulturelle Bildung zuständige Stellen in der Verwaltung, an die Kulturpolitik sowie an Vertreterinnen und Vertreter der Forschung und Lehre.

Das Portal wird unter anderem bundesweite, regionale und spartenspezifische Förderprogramme, Qualifizierungs- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie Stellenausschreibungen im Bereich der kulturellen Bildung veröffentlichen. Zudem wird es alle Bundesländer mit ihren Aktivitäten, Zielen, Anlaufstellen und Besonderheiten im Bereich der kulturellen Bildung vorstellen und beispielhafte Projekte, deren Initiatorinnen und Initiatoren und Zielgruppen präsentieren. Nicht zuletzt wird es aktuelle Diskurse zu Schwerpunktthemen aufbereiten und umfängliche wissenschaftliche Studien und weitere Publikationen (unter anderem des Rats für Kulturelle Bildung) zur Verfügung stellen.

Mit Hilfe interaktiver digitaler Beteiligungsmöglichkeiten soll das Online-Portal die Bandbreite der kulturellen Bildung in Deutschland abbilden, den fachlichen Austausch stärken und neue, interessante Querverbindungen zwischen den unterschiedlichen Disziplinen und Bereichen schaffen. Das Portal wird im Herbst 2022 gelauncht.

Mit dem im August 2020 gestarteten Förderprogramm „KULTUR.GEMEINSCHAFTEN und dem daran anschließenden Projekt „KULTUR.GEMEINSCHAFTEN: Kompetenzen, Köpfe, Kooperationen“ unterstützt die Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien insgesamt 466 vorwiegend kleinere Kultureinrichtungen und kulturelle Träger auf dem Weg der digitalen Transformation.

Die geförderten Einrichtungen werden wahlweise bei Technikbeschaffung oder der Produktion digitalen Contents durch Dienstleister unterstützt und erhalten die Möglichkeit, an Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen. Mit KULTUR.GEMEINSCHAFTEN: Kompetenzen, Köpfe, Kooperationen können zudem Transformationsagentinnen und –agenten finanziert werden, die vor Ort digitale Kompetenzen und Kapazitäten weiterentwickeln. Das Programm unterstützt den Aufbau lokaler und regionaler Verbundpartnerschaften zwischen Einrichtungen und damit den Wissens- und Erfahrungsaustausch sowie die gemeinsame Nutzung von Kompetenzen, Infrastrukturen und digitalen Anwendungen. Damit können Kultureinrichtungen im Bereich des Digitalen mit Menschen in Kontakt kommen, die sie zuvor nicht erreichen konnten und so Partizipation und kulturelle Teilhabe stärken.

s. dazu: https://kulturgemeinschaften.de/

Noch im Frühjahr vergibt die Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin zum zweiten Mal den Deutschen Preis für kulturelle Bildung KULTURLICHTER. Der Preis fördert Projekte und Projektideen, die digitale Instrumente in der kulturellen Bildung und der Kulturvermittlung innovativ einsetzen. Die Projekte oder Konzepte sollen der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts dienen, übertragbar und für andere Kultureinrichtungen nutzbar sein und den Wissenstransfer und die Vernetzung von Kultur- und Bildungseinrichtungen fördern.

Der KULTURLICHTER-Preis würdigt digitale Konzepte der kulturellen Bildung und Kulturvermittlung, die die Herausforderung der Digitalität in beispielhafter Weise annehmen: Dort nämlich Kultur zu vermitteln, Teilhabe und im besten Fall Partizipation zu ermöglichen, wo Menschen erreicht werden können, für die der Museumsbesuch eine Hürde darstellt.

s. dazu: https://kulturlichter-preis.de/

Über die genannten Projekte hinaus, die im Jahr 2022 unter dem inhaltlichen Fokus „Partizipation, Mitbestimmung und Diversität“ zusammengefasst sind, beschäftigt sich die Kulturstiftung der Länder 2022 intensiv auch mit anderen Themen. Dazu gehört etwa die Organisation und Abwicklung des Bewerbungsverfahrens für Auslandsstipendien der Bundesrepublik Deutschland oder die Kontaktstelle für Kulturgüter aus kolonialen Kontexten. Und dazu gehören auch die Kernaufgaben, mit denen die Länder die Kulturstiftung der Länder betraut haben: Der Förderung von Erwerb, Erhalt, Dokumentation, Präsentation und Vermittlung von Kulturgut.