Modernes Mosaik

Vor dem Bildersturm der Nationalsozialisten galt Paul Klee (1879–1940) weltweit als Zentralgestalt der modernen deutschen Kunst: Als einer der innovativsten und vielseitigsten deutschen Maler war er bereits in den späten 1910er Jahren begehrt bei privaten Sammlern, seine Werke ab den 1920er Jahren vermehrt in öffentlichen Museen vertreten. Von den Nationalsozialisten bereits im April 1933 aus seinem Amt als Professor der Düsseldorfer Kunstakademie vertrieben und als „entarteter“ Künstler gebrandmarkt, verließ Klee Ende des Jahres 1933 Deutschland in Richtung Schweiz; ab 1937 entfernten die Nationalsozialisten seine Arbeiten aus den Museen.

Paul Klee, Pastor Kohl, 1932, Öl auf Nessel auf Sperrholz, 50 x 65 cm, Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Pinakothek der Moderne
Paul Klee, Pastor Kohl, 1932, Öl auf Nessel auf Sperrholz, 50 x 65 cm, Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne © Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, Pinakothek der Moderne

In Klees 1932 entstandenem Gemälde „Pastor Kohl“ , das die schicksalsvolle Zeit im Besitz der Familie Klee überdauerte, vereinen sich Flächenmuster und Bildnis: Klee entwarf die Physiognomie eines Geistlichen mit Kragen und Hut in wenigen schwungvollen Linien und knüpfte mit seiner überzeichneten Porträtdarstellung an die ironischen, karikaturhaften Arbeiten seines Frühwerkes an. Indem er „Pastor Kohl“ aus einem rechteckigen, leicht verzogenen Raster kleinster Farbfelder zusammensetzte, ließ Klee die Farbstruktur vibrieren. Durch Tiefe und Transparenz entfaltet sich ein lebendiger Bildraum, aus dem sich der Pfarrer zu lösen, beinahe zu schweben scheint.

Nannte Klee selbst seine Malweise „Pointillieren“, waren es doch mehr die kurz zuvor besuchten byzantinischen Mosaiken von Ravenna, die ihn inspirierten, weniger die Einflüsse der französischen Maler des Pointillismus: Klee erprobte die Zusammenklänge der Farben, ihre Wirkung und Kontraste. Ohne Farbverlauf grenzte er in „Pastor Kohl“ die Farben sorgsam gegeneinander ab, legte sie in winzigen Formen mosaikengleich neu aus. Die Farbe in mehreren Schichten aufbringend, bearbeitete er „Pastor Kohl“ in zahlreichen Arbeitsschritten. Klee fasste das Werk ursprünglich in einen Rahmen aus stumpf aufeinandertreffenden Leisten, die sich von aufwändigen Ornamentrahmen unterscheiden – die heutige Rekonstruktion orientiert sich an der originalen Rahmung. Indem sie über die Ebene des Malgrundes hervorragen, „Pastor Kohl“ in eine schützende Einfassung betten, verleihen sie dem Werk einen plastischen Charakter.

Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder, der PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V. und der Ernst von Siemens Kunststiftung erwarben die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit „Pastor Kohl“ aus dem Nachlass des Künstlers ein wertvolles Hauptwerk, das in der Pinakothek der Moderne München auf gute Gesellschaft trifft: Die erlesene Sammlung der Klassischen Moderne zählt bereits über 20 Werke Paul Klees. Mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder konnten 1992 bereits die Gemälde „Wachstum der Nachtpflanzen“ (1922) und „Vogelgarten“ (1924) angekauft werden.