Kritischer Chronist
Seine Filme wie „Angst essen Seele auf“ lösten öffentliche Kontroversen aus, Werke wie „Die Ehe der Maria Braun“ waren kommerziell höchst erfolgreiche Produktionen, die 14-teilige Fernsehserie „Berlin Alexanderplatz“ erreichte ein breites Publikum: Rainer Werner Fassbinder (1945–1982) prägte den deutschen Film der 1970- und 1980er-Jahre wie kein anderer Regisseur. Zu seinen Theaterstücken wie beispielsweise „Der Müll, die Stadt und der Tod“ über einen jüdischen Immobilienspekulanten entbrannten von Demonstrationen begleitete Debatten in Deutschland.
Fassbinders Schaffen ist untrennbar mit der deutschen Gesellschafts- und Kulturgeschichte der Nachkriegszeit verbunden. Am in Frankfurt am Main neu entstehenden Fassbinder Center soll die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nachlasses des Regisseurs in internationaler Zusammenarbeit möglich werden. Das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum als Träger des Zentrums erwirbt jetzt den schriftlichen Nachlass Fassbinders: 180 Archivboxen verwahren u. a. 25 Arbeitsdrehbücher, 61 Finanzierungspläne, 16 Drehpläne, Verträge, Produktionsakten und Korrespondenzen. Die Rainer Werner Fassbinder Foundation gibt als Dauerleihgabe die übrige Sammlung mit Produktionsunterlagen, Werk-, Foto-, Audio- und Videoarchiv ins Deutsche Filminstitut & Filmmuseum.
Prof. Dr. Frank Druffner, stellvertretender Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, sagte: „Rainer Werner Fassbinder hat die Filmkultur Deutschlands entscheidend geprägt und unseren visuellen Gedächtnisspeicher um zentrale Bilder bereichert. Noch heute werden seine gesellschaftskritischen und bildmächtigen Filme in aller Welt in Kinos gezeigt. Durch den Erwerb des schriftlichen Nachlasses und die Überlassung weiterer Konvolute als Dauerleihgabe kann das neu gegründete Fassbinder Center dieses außerordentliche Filmschaffen langfristig dokumentieren und dadurch auch die Forschung vorantreiben. An der Bedeutung des Nachlasses, der zum nationalen Kulturerbe gezählt werden muss, gibt es keinen Zweifel. Die Kulturstiftung der Länder freut sich, dass durch ihre Mithilfe der Ankauf getätigt werden konnte.“
Rainer Werner Fassbinder gilt als kritischer Chronist der bundesrepublikanischen Nachkriegsjahrzehnte: Sein Werk zeigt die explosive Kraft, die Kunst und Gesellschaft gemeinsam entwickeln können. Das Fassbinder Center sieht sich in der Tradition des kritischen Diskurses und wird den Nachlass nun vollständig digital erschließen. Zahlreiche unveröffentlichte Schriften Fassbinders sollen für eine Publikation vorbereitet werden, mit Geschäftsunterlagen und Korrespondenzen kann die Produktionsgeschichte der einflussreichen Filme rekonstruiert werden. Das Zentrum will als Plattform auch die Vernetzung der internationalen Fassbinder-Forschung fördern.
Förderer: Kulturstiftung der Länder, Hessische Kulturstiftung, Stadt Frankfurt