Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Klosterhandschriften gehören zum Kulturerbe Deutschlands als Erinnerungszeugen einer wechselhaften Geschichte. Damit sind sie wichtige Materialien für die Forschung und attraktive Exponate in Ausstellungen. Mit dem Übergang in das Eigentum des Landesbibliothekszentrums kann die Handschrift ‚Libellus antiquarum definitionum‘ nun umfassend digitalisiert, erforscht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Wir freuen uns, dass mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder nun bereits zum zweiten Mal eine mittelalterliche Handschrift aus dem aufgelösten Zisterzienserkloster Himmerod in die Bibliothek in Koblenz und somit in öffentliches Eigentum überführt werden kann.“
Einband des ‚Libellus antiquarum definitionum‘ mit Stempelverzierung im Originalzustand, © LBZ / Rheinische Landesbibliothek Koblenz
Die Handschrift „Libellus antiquarum definitionum“ („Büchlein der alten Vorschriften“) ist eine Sammlung zisterziensischer Konstitutionen und weiterer Texte aus dem Eifel-Kloster Himmerod. Die Konstitutionen und Texte waren grundlegend für die Organisation der Klöster und mussten in jeder Einrichtung vorhanden sein. Die Handschrift war um 1316 im Skriptorium (Schreibstube) von Kloster Himmerod entstanden. 1802 hatte sie sich im Zisterzienserkloster Arnsburg befunden, bevor sie als Säkularisationsgut im gleichen Jahr in die Hofbibliothek der Grafen von Solms-Laubach überging. Anfang des 20. Jahrhunderts war sie dann in der Schlossbibliothek der Familie Lucchesi Palli in Brunnsee/Steiermark verwahrt worden. Danach verschwand die Handschrift für mehrere Jahre in unbekanntem Privatbesitz, bis sie im Wiener Antiquariat Inlibris wiederauftauchte und von diesem zum Verkauf angeboten wurde. Die Bibliothek in Koblenz erwirbt das Buch nun vom Antiquariat Inlibris.
Die Handschrift war um 1316 in einer Textualis (nichtkursive Gitterschrift) auf Pergament geschrieben worden. Sie trägt einen dunklen Ledereinband mit Stempelverzierungen, darunter das Motiv eines Drachens sowie eines Agnus Dei (Lamm Gottes). Das Buch war eine Gebrauchshandschrift und hat eine schlichte Rubrizierung, also rote Überschriften und Ähnliches, aber keinen aufwendigen Buchschmuck. Auffällig sind zahlreiche, am Rand ausgeworfene Betreffe, die eine schnelle Orientierung in den Textabschnitten ermöglichen.
Beginn des Textes des ‚Libellus antiquarum definitionum‘, © LBZ / Rheinische Landesbibliothek Koblenz
1134/35 hatte Bernhard von Clairvaux (um 1090−1153) das Zisterzienserkloster Himmerod in der Eifel gegründet. Es war das erste von Clairvaux in Deutschland gegründete Kloster und gehört damit zu den ältesten Einrichtungen seiner Art in Deutschland. 1802 war das Kloster im Rahmen der Säkularisation aufgelöst und erst 1922 wieder gegründet worden. 2017 wurde es endgültig aufgehoben. Bereits 2015 veräußerte der Konvent aufgrund finanzieller Engpässe wertvolle Handschriften und Inkunabeln aus dem Himmeroder Kloster. Mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und weiterer Förderer konnte 2015 die Petrus Lombardus-Handschrift für das Landesbibliothekszentrum erworben werden. Der Großteil der Handschriften des Klosters befindet sich heute im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz.
Teil des Ritus für die ewige Profess, für den Eintritt von Mönchen in das Kloster, © LBZ / Rheinische Landesbibliothek Koblenz
Neben der Petrus Lombardus-Handschrift und der Handschrift „Libellus antiquarum definitionum“ hat das Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Drucken aus dem ursprünglichen Besitz des Klosters Himmerod erworben. Das Landesbibliothekszentrum hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Schriften und Drucke zu digitalisieren, erforschen und konservatorisch zu betreuen.
Weitere Förderer: Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur
Besitzvermerke des Klosters Himmerod (Liber monachorum hymmenrodensium), des Abtes (Abbas) sowie des Klosters Arnsburg (Bibliothecae Arnsburgensis), © LBZ / Rheinische Landesbibliothek Koblenz
