Der Stiftungsrat der Kulturstiftung der Länder hat auf seiner jüngsten Sitzung rund 770.000 Euro für Ausstellungsförderungen bewilligt.
Unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer, der in der Sitzung von Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, vertreten wurde, hat der Stiftungsrat der Kulturstiftung der Länder beschlossen, neun Ausstellungsvorhaben in fünf Ländern mit insgesamt rund 770.000 Euro zu unterstützen. Mehrere Ausstellungen widmen sich 100. Jubiläen und Geburtstagen – der Neuen Sachlichkeit, des Surrealismus und des Künstlerpaares Jean Tinguely und Eva Aeppli. Neu betrachtet wird u. a. die Düsseldorfer Malerschule, die auch zahlreiche Malerinnen in die Stadt zog. Für das Publikum neu zu betrachten ist ein versteinerter Wald in Chemnitz, der im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres in einer multimedialen und interaktiven Ausstellung vermittelt wird.
Die Kulturstiftung der Länder fördert kunst- und kulturhistorische Ausstellungen, die von öffentlichen Einrichtungen konzipiert und temporär ausgerichtet werden. Die Ausstellungen sollen von den eigenen Beständen der jeweiligen Institution ausgehen, regional verankert und zugleich international bedeutsam sein. Die Kulturstiftung der Länder stellt seit 2009 jährlich Mittel für die Förderung von Ausstellungen bereit. Weitere Förderkriterien und Informationen zur Antragstellung finden Sie auf der Webseite der Kulturstiftung der Länder: https://www.kulturstiftung.de/ausstellungsfoerderung/
Übersicht der beschlossenen Ausstellungsförderungen
Bei den nachfolgenden Ausstellungstiteln handelt es sich teilweise noch um Arbeitstitel, auch die Ausstellungstermine können sich noch ändern.
Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen
„Camille Claudel und Bernhard Hoetger. Emanzipation von Rodin“
Januar bis 18. Mai 2025
Eine Pariser Ausstellung von Camille Claudel und Bernhard Hoetger im Jahr 1905 bildet den Ausgangspunkt für das Paula Modersohn-Becker Museum, den Einfluss aber auch die Abkehr von Rodin, die beiden gemeinsam ist, auszuloten. Während die Bildhauerin Camille Claudel (1864–1943) Auguste Rodins Schülerin, Mitarbeiterin und Geliebte war, begegnete Hoetger (1874–1949) dem Werk des berühmten Bildhauers erstmals 1900 bei der Weltausstellung in Paris. Dies veranlasste ihn, in der Stadt zu bleiben, um als Künstler Fuß zu fassen. In Bremen werden Claudel und Hoetger nun erstmals wieder zusammen ausgestellt. Der Bildhauer, Grafiker und Maler Bernard Hoetger hat auch das expressionistische Gebäude des Paula Modersohn-Becker Museums entworfen.
Kunstmuseen Krefeld
„Teilweise möbliert, exzellente Aussicht. Ortsspezifische Kunst in Haus Lange und Haus Esters“
30. März bis 5. Oktober 2025
Die beiden in den 1920er Jahren von Ludwig Mies van der Rohe entworfenen Villen „Haus Lange“ und „Haus Esters“ boten seit Beginn ihrer Nutzung durch die Kunstmuseen Krefeld immer wieder Raum für ortsspezifische Installationen und Ausstellungen. Der Begriff der Ortsspezifik beschreibt Strömungen in der Kunst seit den 1970er Jahren, die sich mit den physischen oder institutionellen Eigenschaften eines Ortes beschäftigen. Die Ausstellung in Krefeld zeigt rückblickend sämtliche rund 80 in den beiden Häusern gezeigten ortsspezifischen Arbeiten bzw. deren Dokumentation – u. a. von Christo, Elmgreen und Dragset, Hans Haacke, Yves Klein, Karin Kneffel, Richard Long, Richard Serra und Kiki Smith. Daneben wird ab dem 4. Mai ein neues, auf das Haus Esters bezogenes Projekt des Künstlers Gregor Schneider (*1969) zu sehen sein.
Lehmbruck Museum, Duisburg
„Mechanik und Menschlichkeit. Jean Tinguely und Eva Aeppli zum 100. Geburtstag“
23. März bis 24. August 2025
Anlässlich der 100. Geburtstage von Jean Tinguely und Eva Aeppli widmet das Lehmbruck Museum dem Schweizer Künstlerpaar die international erste so umfassende Ausstellung. Während Tinguely (1925–1991) als einer der Hauptvertreter der kinetischen Kunst internationale Bekanntheit genießt, ist das Werk Eva Aepplis (1925–2015), die von 1951 bis 1960 mit Jean Tinguely verheiratet war, bisher wenig gewürdigt worden. Charakteristisch sind vor allem ihre lebensgroßen Textilfiguren. Nicht zuletzt der fehlenden Repräsentation von Künstlerinnen in der Kunstgeschichte, gerade im Bereich der Bildhauerei, möchte das Museum hier entgegenwirken. Einen Höhepunkt der Ausstellung bilden gemeinschaftliche Werke des Paares, die bisher kaum bekannt sind.
Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser
„European Realities. Realismusbewegungen der 1920er und 1930er Jahre in Europa“
27. April bis 10. August 2025
2025 ist Chemnitz Kulturhauptstadt Europas, gleichzeitig jährt sich zum 100. Mal die begriffsprägende Ausstellung zur „Neuen Sachlichkeit“, die damals zunächst in Mannheim und dann in Dresden und Chemnitz gezeigt wurde: Anlass für die Kunstsammlungen Chemnitz, sich mit den Realismusbewegungen der Kunst der 1920er und 1930er Jahre zu beschäftigen. Dabei werden nationale künstlerische Positionen in den gesamteuropäischen Kontext gesetzt, lag doch der Fokus bei der Rezeption der Neuen Sachlichkeit bislang vor allem auf Westeuropa. Das Museum Gunzenhauser möchte diesen einseitigen Blick korrigieren und bezieht auch die Kunstproduktion in Mittel-, Südost- und Nordeuropa mit ein.
Museum für Naturkunde Chemnitz
„C the Fossillagerstätte“
Mai 2025 bis April 2026
Ein Vulkanausbruch im Erdzeitalter des Perms vor 291 Millionen Jahren sorgte dafür, dass auf dem Gebiet der heutigen Stadt Chemnitz ein ganzes Ökosystem – ähnlich wie Pompeji – für die Ewigkeit festgehalten wurde. Die Fossillagerstätte „Versteinerter Wald“ gehört in der Wissenschaft zu den weltweit bekanntesten Fundstätten von Fossilien. Anlässlich des Kulturhauptstadtjahres 2025 präsentiert das Museum für Naturkunde Chemnitz diese bedeutende Sehenswürdigkeit der Stadt einem größeren, auch internationalen Publikum: Eine multimediale Ausstellungsarchitektur, Storytelling-Elemente, digitale, immersive Erlebnisräume und der Einsatz von Virtual Reality gehören zum neuen Vermittlungskonzept.
Hamburger Kunsthalle
„Rendezvous der Träume. Surrealismus und deutsche Romantik“
13. Juni bis 12. Oktober 2025
In welcher Beziehung stehen Surrealismus und deutsche Romantik? Die Hamburger Kunsthalle erkundet innerhalb einer großen Surrealismus-Schau ideengeschichtliche Verwandtschaften der beiden Kunstströmungen und setzt den Einfluss der deutschen Romantik damit auch in einen internationalen Kontext. Die Ausstellung ist Teil der internationalen Surrealismus-Feier anlässlich des 100. Jubiläums der Kunstbewegung, die seit 1924 den von André Breton geprägten Namen „Surrealismus“ trägt, und entsteht in Kooperation mit dem Centre Pompidou Paris.
Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg
„Münstermann“
23. August bis 30. November 2025
Im Landesmuseum Kunst & Kultur Oldenburg ist erstmals eine umfassende Einzelausstellung des Bildhauers Ludwig Münstermann (ca. 1575 – 1637/38) zu sehen. Münstermann wirkte in der Gegend um Oldenburg im Auftrag der lutherischen Kirche. Auch die an ihren historischen Orten verbliebenen Werke werden in der Schau thematisiert und im Rahmen einer „Münstermann-Straße“ in der Stadt und im Umland vermittelt. Das Museum bewahrt rund 40 seiner Werke im Sammlungsbestand. Die Ausstellung beleuchtet auch Münstermanns Rezeption im Laufe der Kunstgeschichte – so wurde sein Werk von der Kunstwissenschaft erst in der Ära des Expressionismus wahrgenommen. Seine eigenwillige, dynamische und überzeichnete Darstellung von Körpern lässt tatsächlich Parallelen zu modernen Werken erkennen. Auch der Einfluss Münstermanns auf den Gegenwartskünstler Markus Lüpertz (*1941) wird anhand von dessen „Apoll“-Serie veranschaulicht.
Museum Kunstpalast, Düsseldorf
„Künstlerinnen! Von Monjé bis Münter“
25. September 2025 bis 1. Februar 2026
Die Neubetrachtung der „Düsseldorfer Malerschule“ ist der Ansatz der Ausstellung, die Werke von über 30 Künstlerinnen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert zeigt. Obgleich ihnen der Zugang zur Düsseldorfer Kunstakademie verwehrt blieb, zog es auch Frauen in die Stadt, um sich dort privat als Künstlerinnen ausbilden zu lassen – unter ihnen auch mehrere aus Skandinavien und Finnland. Die deutsch-polnische Künstlerin Elisabeth Jerichau-Baumann (1819–1881) gelangte zu großem Ansehen in der Düsseldorfer Kunstszene und darüber hinaus. Auch Gabriele Münter (1977–1962) studierte kurzzeitig in Düsseldorf. Die Ausstellung ist in ein Forschungsprojekt integriert, das sich mit den Ausbildungsbedingungen von Künstlerinnen in Düsseldorf zwischen 1819 und 1919 beschäftigt.
UNESCO-Welterbestätte Schlösser Augustusburg und Falkenlust, Brühl
„300 Jahre Baustelle Schloss Augustusburg in Brühl“ (Arbeitstitel)
ab Sommer 2026
Der Bau von Schloss Augustusburg vor 300 Jahren, heute UNESCO-Welterbestätte, wird als bedeutendes europäisches Projekt des Rokokos gewürdigt und anhand neuerer Forschungsergebnisse auf innovative Weise vermittelt. Im Fokus steht das Bauvorhaben als Beispiel internationaler Zusammenarbeit; die Leistungen der einzelnen Akteure werden thematisiert. Beteiligt waren u. a. die Architekten François de Cuvilliés und Balthasar Neumann, aber auch Kunsthandwerker und Tagelöhner unterschiedlicher Herkunft. Anhand des historischen Bauprojekts werden Fragestellungen zu Themen wie dem Transfer von Handwerkstechniken, der Wanderung von Künstlern und Handwerkern über territoriale Grenzen hinweg und dem Umgang mit Ressourcen im 18. Jahrhundert behandelt, die bis heute aktuell bleiben.