Unter den zahlreichen im Museum Schloss Hinterglauchau bewahrten Ahnenporträts des hochadeligen Hauses Schönburg, das beginnend im ausgehenden 12. Jahrhundert die Region der mittleren Zwickauer Mulde besiedelte und diese im heutigen Westsachsen gelegene Kulturlandschaft über Jahrhunderte prägte, ragt eine kleine Werkgruppe von vier Porträts des Schweizer Porträt- und Landschaftsmalers Anton Graff (1736–1813) qualitativ deutlich hervor. Ein in Pendants angelegtes Porträtpaar, datiert 1791, stellt den kursächsischen Geheimen Rat Graf Carl Heinrich II. von Schönburg (1729–1800) und dessen Gattin Christiane Wilhelmine, eine geborene Gräfin von Einsiedel (1726–1798), dar.
Der ab 1766 in Dresden tätige Graff gibt den Grafen als einen gesetzten, jovial wirkenden Herrn in rotem Justaucorps und ebensolcher Weste wieder. Ganz den Vorstellungen der Zeit der Empfindsamkeit und der Aufklärung folgend, verzichteten Auftraggeber und Maler darauf, Attribute des Adels – etwa heraldische Symbole, Orden oder Waffen – dem Porträt beizufügen. Damit erfolgte eine Gleichbehandlung mit den sonst durch Graff im Bild festgehaltenen Vertretern eines aufstrebenden Bürgertums, mit Künstlern, Dichtern und Denkern nicht adeliger Herkunft. Aristokratischer kommt indes das Konterfei der Gräfin daher: Es zeigt die Dame, leicht untersichtig, sitzend und kerzengerade aufgerichtet. Ihren linken Unterarm hat sie auf der Platte eines Tischs abgelegt, während die Hand die Tischkante umgreift. Ihre rechte Hand liegt im Schoß des hellbraunen mit blauen Schleifen besetzten Kleides. Um die Schultern trägt sie einen Umhang in Spitze und im Haar ein Spitzentuch. Ihr Blick ruht ebenso huldvoll wie gebieterisch auf dem Betrachter. Der Beistelltisch und die rechts im Hintergrund angedeutete Draperie verstärken die sie umgebende herrschaftliche Aura – war doch die Gräfin eine Großnichte des kursächsischen Kabinettministers Graf Flemming.
Bemerkenswert bei diesem Auftrag ist, dass Graff ein 1775/1776 von Johann Friedrich Meÿner geschaffenes Porträtpaar kopieren sollte und sich tatsächlich bis ins Detail daran orientierte. Allerdings ging Graff über die lapidare Aufgabe, Kopien zu liefern, hinaus: Die weichere Malweise zeigt wesentlich mehr Charakter in den Physiognomien der inzwischen gealterten Protagonisten als die Vorlage.
Für die Eigenhändigkeit Anton Graffs bei den Porträtköpfen spricht die markant ausgeprägte plastische Runzelstruktur der Farbschichten im Augen-Nasen-Mund-Bereich des Inkarnats. Mit bloßem Auge erkennbar, dokumentiert sie ein allzu rasches Arbeiten des Meisters, ohne ausreichende Trocknungspausen abzuwarten.
Heute beeinträchtigen diverse Schadensbilder die beiden Gemälde in ästhetischer, aber vor allem auch in substanzgefährdender Hinsicht. So fehlt dem Porträt des Grafen ein mit Eckkeilen versehener Spannrahmen. Frühere Reparaturen, wie Kittungen und Retuschen, treten durch Alterung und durch die Doublierung der Leinwände stärker hervor. Der Schlussfirnis ist verschmutzt, vergilbt und zeigt ein gestörtes, differenziertes Glanzbild. Außerdem sind Kratzer in der Malfläche zu verzeichnen. Neben mechanisch verursachten Schäden an den Schmuckrahmen, wie zum Beispiel Bestoßungen und Fehlstellen an den Zierleisten, sind nicht materialgerechte Retuschen an verloren gegangener Vergoldung stark nachgedunkelt beziehungsweise verschwärzt.
Das Gemäldepaar gelangte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durch die sogenannte Schlossbergung aus Wechselburg in den Besitz des Glauchauer Schlossmuseums und konnte im Ergebnis der Restitutionsverhandlungen mit der Erbin des Familienvereines der Grafen von Schönburg-Glauchau e. V. auch aufgrund der Förderung durch die Kulturstiftung der Länder der musealen Sammlung erhalten bleiben.
Wir bitten Sie, liebe Leserinnen und Leser von Arsprototo, herzlich um Ihre Unterstützung für die jetzt erforderlichen Restaurierungsmaßnahmen, damit wir das Porträtpaar der Öffentlichkeit wieder dauerhaft präsentieren können. Beide Gemälde sind als Exponate neu zu konzipierender Ausstellungsbereiche vorgesehen.
Wir bitten Sie, liebe Leserin und lieber Leser, um Unterstützung für das Museum und die Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau. Spenden Sie für die Restaurierung des Porträtpaares von Anton Graff von 1791 und überweisen Sie unter dem Stichwort „Anton Graff“ auf das Konto des Museums. Überweisungsträger finden Sie im Heft nach der Seite 114. Vielen Dank!