Das Gemälde „Im Gras liegendes Mädchen“ (1882) von Camille Pissarro (1830–1903), das sich seit 1967 in der Kunsthalle Bremen befindet, bleibt Teil der Sammlung. Provenienzrecherchen hatten ergeben, dass der einstige Eigentümer Jaap van den Bergh (1908–1958), ein Niederländer jüdischer Abstammung, das Gemälde 1942 veräußern musste, um sein Leben zu finanzieren, das er, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen, im Untergrund führte. Der Kunstverein in Bremen, Träger der Kunsthalle Bremen, einigte sich mit der Erbin des Vorbesitzers auf eine gerechte und faire Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien. Die Kulturstiftung der Länder fördert einen Teil der Ausgleichszahlung.
Dazu Prof. Dr. Frank Druffner, kommissarischer Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das Gemälde ‚Im Gras liegendes Mädchen‘ steht nicht nur beispielhaft für den bedeutenden Bestand von Malerei des französischen Impressionismus in der Kunsthalle Bremen und die Rezeption französischer Malerei in Deutschland. Es ist zugleich als Zeugnis der Verfolgung der europäischen Juden und des NS-Kunstraubs ein wichtiges Dokument der Erinnerungskultur im Bestand des Museums.“
Von 2010 an war zur Provenienz des Gemäldes an der Kunsthalle Bremen geforscht worden. 2016 konnten schließlich – durch einen Fund in einem niederländischen Archiv – die Besitzverhältnisse während der Zeit der Besatzung der Niederlande durch die deutsche Wehrmacht geklärt werden. Das Gemälde war während des Zweiten Weltkriegs durch den in Amsterdam lebenden Bremer Kaufmann Hugo Oelze erworben worden, der es schließlich der Kunsthalle Bremen vermachte. Oelze hatte das Werk über einen Zwischenhändler angekauft, der es von Jaap van den Bergh, vormaliger Besitzer der Textilfirma Bergoss in Oss, erworben hatte.
Im Mai 1940 hatte die deutsche Wehrmacht die Niederlande überfallen und besetzt. Van den Bergh überlebte mit seiner Frau die Besatzungszeit in einem Versteck in Heemstede. Die in einem Kinderheim untergebrachten Töchter Rosemarie Ida und Frieda Marianne wurden verraten und nach ihrer Deportation im KZ Ausschwitz ermordet.
Die jetzige Einigung ist das Ergebnis jahrelanger internationaler Zusammenarbeit der Bremer Provenienzforscherinnen mit ihren niederländischen Kolleginnen und Kollegen im Bureau Herkomst Gezocht, heute Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed (RCE). Das Gemälde „Im Gras liegendes Mädchen“ gehört zu den bedeutendsten Werken in der Bremer Pissarro-Sammlung, die eine Zeichnung, 31 Druckgrafiken und drei Gemälde umfasst. Es wurde bereits weltweit in zahlreichen Ausstellungen gezeigt.
Weitere Förderer: Hermann Reemtsma Stiftung, Nachlass Fritz Müller-Arnecke
Die Projekte zur Provenienzforschung in der Kunsthalle Bremen werden gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, Magdeburg.