Erwerbungsförderung

Fragment aus der Chronik Thietmars von Merseburg zur Christianisierung des Kiewer Rus

Die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz erwerben ein Fragment aus der Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg (975/976-1018). Das Fragment stammt aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert und kehrt nun in seine Herkunftsregion Merseburg zurück. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit rund 6.650 Euro.

Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das erworbene Fragment der Chronik Thietmars von Merseburg ist ein wichtiger Baustein für die weitere Forschung zur Geschichte des Mittelalters in Deutschland. Wir freuen uns, dass wir dieses Fragment für Merseburg sichern konnten und es hier nun umfassend erforscht wird. Merseburg war vor 1000 Jahren ein wichtiger politischer Drehpunkt und die Chronik Thietmars lehrt uns viel über die damit verbundenen historischen Ereignisse. Mit dem Ankauf kehrt das Fragment nun in seine einstige Heimat zurück und findet hier einen würdigen Ort für die weitere Aufbewahrung.“

Die Chronik Thietmars von Merseburg erzählt die Geschichte der Ottonenzeit, niedergeschrieben von 1012 bis 1018. Thietmar berichtet darin von den ottonischen Herrschern, der Stellung Merseburgs als Königspfalz und stellt zahlreiche europäische Bezüge her. Insgesamt umfasst die Chronik acht Bücher. Das Original der Chronik wird heute in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) verwahrt. Die Chronik wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, eine in der Königlichen Bibliothek in Brüssel gelagerte Abschrift der Chronik aus dem 14. Jahrhundert ermöglicht es jedoch, Lücken im Originalmanuskript zu schließen. Zudem existierten eine zweite Fassung Thietmars und eine Corveyer Überarbeitung.

Um diese Überarbeitungen identifizieren zu können, wird ein Fragment aus der Forschungsbibliothek Gotha verwendet, welches in den 1990er Jahren entdeckt worden war. Es basiert auf einer ersten Corveyer Überarbeitung. Neben dem Fragment aus Gotha existierte ein weiteres im Besitz des Philologen und Handschriftensammlers Marvin L. Colker in den USA. Dieses Fragment kehrt mit dem Ankauf nun nach Merseburg zurück. 1964 hatte Colker das Fragment erworben und 1971 veröffentlicht. Die Forschung der 1990er Jahre erbrachte, dass Colkers Fragment zum selben Codex wie das Gothaer Fragment gehört.

Das nun erworbene Fragment aus der Sammlung Colker enthält auf der Vorder- und Rückseite Text aus dem Buch VII, Kapitel 71-75 der Chronik Thietmars von Merseburg. In der Vergangenheit war das Blatt mit dem Fragment beschnitten worden, sodass vier Zeilen verloren gingen. Das Fragment diente als Einband für eine Ausgabe des Werkes „De ortu animae“ von Martin Ruland (Bindung vermutlich im 17. Jahrhundert) und war dafür zerschnitten worden.

Inhalt des Fragments ist die Christianisierung der Kiewer Rus unter Wladimir dem Großen. Thietmar schildert zudem rückblickend die Namensgebung für Frankfurt am Main. Auch enthalten ist ein Bericht über die Anfänge des Klosters Corvey. Im 12. Jahrhundert war die Handschrift, zu der das Fragment gehört, im Kloster Corvey niedergeschrieben worden. Das Fragment diente seit dem  17. Jahrhundert als Einband für „De ortu animae“. In den 1950ern befand es sich in den Niederlanden und ging schließlich in den 1960er Jahren in den Besitz von Marvin L. Colker über. Colker verstarb 2020, seine Sammlung wurde anschließend vom Londoner Auktionshaus Christie’s versteigert. Auf der Auktion erwarben die Vereinigten Domstifter das Fragment.

Weitere Förderer: Land Sachsen-Anhalt

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