Erfurt erblüht wieder

Sein Marktbewusstsein war ausgeprägt: Emil Nolde (1867–1956) legte die Preise seiner Werke selbst fest und zwar in Relation zu dem Stellenwert, den er der jeweiligen Arbeit innerhalb seines eigenen Œuvres gab. Der damals hohe Preis von 8.000 Reichsmark, den der Direktor des Angermuseums 1930 für „Begonien (Rot und Gelb)“ bezahlte, bezeichnet die Bedeutung, die der Maler selbst seinem Werk aus dem Jahr 1929 beimaß. In der vormals „Modernen Galerie“ des Erfurter Museums hing das Werk des Expressionisten neben Arbeiten seiner Kollegen Erich Heckel, Max Pechstein und vielen weiteren. 1937 beschlagnahmte das NS-Regime 14 dieser Gemälde – darunter auch das Blumenstillleben – sowie 8 Skulpturen und über 1.000 Blätter aus der Grafischen Sammlung im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“.

„Gemälde und Plastiken moderner Meister aus deutschen Museen“ betitelte die Galerie Fischer in Luzern ihre Auktion 1939. Für die Katalognummer 107 bot ein gewisser Hans Fehr. Sein Freund Nolde hatte ihn gebeten, den Preis für „Begonien (Rot und Gelb)“ zu stützen. Der Zuschlag ging jedoch an jemand anderen. Seither befand sich das Ölgemälde in Schweizer Privatbesitz. Als es am 16. Juni 2017 abermals unter den Hammer kam, bemühte sich die Stadt Erfurt um den Rückerwerb, unterstützt von öffentlichen wie privaten Förderern – vergeblich. Dass sich das Angermuseum nun dennoch über den Ankauf des Werks freuen kann, ist dem Schweizer Kunstsammler zu verdanken, der das Gemälde ersteigert hatte. Er bot es dem Museum schließlich zum Preis des letzten Gebots an.

Emil Nolde, Begonien (Rot und Gelb), 1929, 74 × 101 cm; Angermuseum Erfurt; © Foto: Dirk Urban
Emil Nolde, Begonien (Rot und Gelb), 1929, 74 × 101 cm; Angermuseum Erfurt; © Foto: Dirk Urban

„Die Wiedererwerbung von ‚Begonien (Rot und Gelb)‘ schließt nicht nur eine Lücke, die durch die ideologische Verblendung der Nationalsozialisten in die Sammlung des Museums gerissen wurde. Die Präsenz des Werkes in einem öffentlichen Museum ruft uns die Aktion ‚Entartete Kunst‘ zudem immer wieder ins Gedächtnis.“, sagt Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder. „Es freut mich sehr, dass wir gemeinsam mit Bund, Ländern und der Ernst von Siemens Kunststiftung dem Angermuseum helfen konnten, den finanziellen Aufwand der Erwerbung zu stemmen.“

Gut 90 Jahre nach seiner Entstehung beeindruckt das Gemälde der beiden Begonien noch heute durch das malerische Relief, das Emil Nolde farbenprächtig auf der Leinwand entstehen ließ. Auf dem originalen Keilrahmen – die darauf geschriebene Inventarnummer II 123 bestätigt seine Provenienz – strahlen Rot und Gelb vor dem Blau-Weißen Hintergrund. Platziert sind die beiden Übertöpfe auf einer grüngemusterten Tischdecke, gewebt von Ada Nolde, der Frau des Künstlers. In dessen Nachlass hat sich die Webarbeit erhalten.

Förderer dieser Erwerbung: Kulturstiftung der Länder, Ernst von Siemens Kunststiftung, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Thüringer Staatskanzlei