Drei Jahrhunderte Familiengeschichte zwischen dem Odenwald und den Niederlanden

„Das Gesamtkonvolut des Schlosses Erbach ist Teil der Liste national wertvollen Kulturgutes. Mit dem Ankauf bleibt die umfangreiche Dokumentation regionaler Geschichte, die vor allem von der Ahnengalerie des Grafengeschlechts von Erbach verkörpert wird, in ihren originären Zusammenhängen dort erhalten, wo sie bedeutend ist für die kulturelle Identität der Region. Daher freue ich mich, dass diese Sammlung in ihrer Gesamtheit gesichert und so der Öffentlichkeit und der Forschung an authentischem Ort erhalten bleibt,“ so Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.

Bereits 2005 erwarb das Land Hessen einen Großteil der Sammlungen des Schlosses aus dem Eigentum der Familie der Grafen von Erbach. Etwa 300 Objekte, darunter die Ahnengalerie und die Ausstattung der Hubertuskapelle, blieben damals in Familieneigentum und wurden nun ebenfalls veräußert. Der wohl bekannteste Bewohner des Schlosses, Graf Franz I. zu Erbach-Erbach (1754-1823) trug umfangreiche Sammlungen von Rüstungen, Waffen, Geweihen und römischen sowie griechischen Antiken zusammen. Letztere bilden heute die einzige Antikensammlung des 18. Jahrhunderts in Deutschland, die in ihren ursprünglichen Präsentationsräumen erhalten geblieben ist. Mit dem Ankauf der Ahnengalerie und der Ausstattung der Hubertuskapelle kann der gesamte Bestand von Schloss Erbach für die Öffentlichkeit gesichert werden.

Die Erbach’sche Ahnengalerie repräsentiert über 300 Jahre Familiengeschichte, sie war ein Zeugnis von dynastischer Kontinuität und Bedeutung. Die ersten Ahnenbilder entstanden bereits kurz nach der Erhebung der Erbacher Schenken in den Grafenstand um 1532. Die zumeist lebensgroßen, ganzfigurigen Bildnisse dokumentieren die Bedeutung des Grafengeschlechts über Generationen. Als integraler Bestandteil der Ausstattung waren sie bereits vor dem Ankauf als Dauerleihgaben präsent und stehen nun dauerhaft der Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung. Wissenschaftlich wurde diese Sammlung bislang nicht untersucht.

Oraniersaal Schloss Erbach © Schloss Erbach Foto: Michael Leukel
Oraniersaal Schloss Erbach © Schloss Erbach Foto: Michael Leukel

Im sogenannten Oraniersaal hängen dreizehn Gemälde mit Bildnissen von Mitgliedern des Hauses Oranien-Nassau. Im 17. Jahrhundert gelangten sie ins Erbacher Schloss durch die Heirat von Graf Georg Albrecht I. zu Erbach (1597-1647) und Magdalena von Nassau-Dillenburg (1595-1633), einer Nichte von Wilhelm d. Oranier (1533-1584). Die Porträtisten der dreizehn Verwandten sind so prominent wie ihre Modelle. Der bekannteste unter ihnen ist Anthonis van Dyck (1599-1641), ein Flame, der als Hofmaler am englischen Hof Berühmtheit erlangte. Weitere Bildnisse stammen von Gerard van Honthorst, Wybrand de Geest, Michiel van Mierevelt und Jan van Ravesteyn.

Ebenfalls erworben wurde die in der Hubertuskapelle befindliche, sakrale Sammlung des Enkelsohns Franz‘ I., Graf Eberhard XV. (1818-1884). Die Sammlung umfasst Gemälde religiöser Thematik, Epitaphien und einen spätgotischen Flügelaltar des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Neunzehn historische Sammlungskataloge, angefertigt von Künstlern aus dem Umkreis Graf Franz‘ I. und versehen mit aufwendigen Illustrationen, wurden zudem als sammlungshistorische Quellen für das Schloss erworben.

Die angekauften Objekte werden in ihren ursprünglichen Präsentationsräumen, also an einem authentischen Ort auf Schloss Erbach gezeigt. Diese Gestaltung der Innenräume und die Präsentation der Sammlungsobjekte wurden seit 1865 kaum verändert. Besucher können somit ein nahezu unangetastetes Sammlungskunstwerk entdecken.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Ernst von Siemens Kulturstiftung, BKM Fonds für nationales Kulturgut, Hessische Kulturstiftung