Die Neue Welt zurück in Rostock

„Mundus Novus ist einer der ersten humanistischen Drucke in Rostock und steht für das damals an der Universität erwachende Interesse an Ländern außerhalb der bekannten Kontinente. Bei der Rostocker Ausgabe handelt es sich um den einzigen der frühen Drucke mit einer ganzseitigen Illustration der Weltkarte. Mit der Erwerbung kehrt dieses Zeugnis der ersten Blütephase der Universität Rostock an seinen Ursprungsort zurück und kann jetzt umfassend wissenschaftlich erforscht werden“, so Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder.

Der Band ist einer der seltensten Rostocker Drucke. Hergestellt wurde er vom Rostocker Ratssekretär Hermann Barckhusen (um 1460-1528/29). Die Universitätsbibliothek besitzt bereits weitere seiner Drucke. Die erworbene Ausgabe ist die siebte von Vespuccis Bericht und zugleich die erste, die im Folioformat (Bücher mit einer Höhe von 35-45 cm) gedruckt wurde. Barckhusen wählte dieses Format vermutlich, um die ganzseitige und zeitgenössisch kolorierte Illustration der Welt nach dem antiken Geographen Claudius Ptolemäus beizufügen. Weltweit sind von dieser Folioausgabe nur zwei weitere Exemplare erhalten. Kennzeichnend für den Rostocker Druck sind zeitgenössische Benutzungsspuren, die bisher noch nicht wissenschaftlich untersucht wurden.

Die vier Blätter umfassende Ausgabe ist ein Bericht des Seefahrers und Entdeckers Amerigo Vespucci (ca. 1451-1512). Vespucci war Repräsentant des Bankhauses Medici und Geschäftspartner von Christoph Kolumbus. Er unternahm zwei Forschungsreisen unter spanischer Flagge und eine Dritte im Auftrag des portugiesischen Königs Manuel I. 1501/1502 überquerte Vespucci den Atlantik nach Brasilien und verfasste nach seiner Rückkehr 1502 einen Bericht als offenen Brief an Lorenzo di Pierfranceso de‘ Medici. Den Bericht Mundus Novus verfasste er auf Italienisch, erst für die anschließende Veröffentlichung wurde er ins Lateinische übersetzt. Handschriftliche Fassungen sind nicht erhalten geblieben.

Der Titelholzschnitt zeigt Abbildungen der Bewohner der „Neuen Welt“, Vespucci selbst benannte die Landmasse Mundus Novus. In seinem Bericht beschreibt er die Einwohner und ihre Lebensgewohnheiten, das Klima, Flora und Fauna sowie den südlichen Sternenhimmel. Mit der Veröffentlichung von Mundus Novus wurde der Bevölkerung Europas erstmals der neue Kontinent bekannt gemacht. Auf seinen Karten bezeichnete der deutsche Geograph Martin Waldseemüller nach 1507 aus Anerkennung gegenüber Vespucci den neuen Kontinent als „America“ – nach dem Vornamen Amerigo Vespuccis.

Die Universitätsbibliothek erwarb den Druck aus Privatbesitz. Ein Stempel weist die Bibliotheca Zalusciana, eine polnische Bibliothek des 18. Jahrhunderts als frühere Eigentümerin aus. Mit deren Nachfolgerin, der Polnischen Nationalbibliothek wurde die Erwerbung einvernehmlich geklärt, der Rostocker Druck wird zukünftig in die digitale Bibliothek POLONA integriert. Ab dem 20. Juni wird der Druck in der Jubiläumsausstellung der Universität Rostock „Menschen – Wissen – Lebenswege“ im Kulturhistorischen Museum zu sehen sein.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Johannes und Annitta Fries-Stiftung; weitere Förderer werden noch gesucht