Früheste Landshuter Stadtansicht

Bis zum Jahr 2009 war es völlig unbekannt: Hans Wertingers Tafelbild mit der Darstellung eines Turniers in der Landshuter Altstadt – wie Experten vermuten, zeigt Wertinger im Hintergrund das Spital Heilig Geist und das Landshuter Rathaus rechts – befand sich lange in Privatbesitz der prominenten schottischen Familie Maxwell MacDonald, davor wohl im Besitz der spanischen Königsfamilie. Jetzt konnte die Bayerische Schlösserverwaltung das kostbare Gemälde für die Lands­huter Stadtresidenz mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunststiftung und des Sparkassenverbands Bayern erwerben.

Damit kehrt Wertingers Ansicht von Landshut – die wohl früheste bisher bekannte Stadtansicht – glücklich zurück an ihren Ursprungsort: Als Teil einer jahreszeit­lichen Folge von 12 Gemälden waren die sogenannten Monats­bilder wohl im Auftrag des in Landshut residierenden Herzogs Ludwig X. entstan­den. In seiner Ausführung und auch aufgrund seiner Maße (33,5 x 40,8 cm) lässt sich das Ge­mälde dem Zyklus der bereits bekannten zehn Monatsbilder Wertingers zu­ordnen. Sieben der Gemälde befinden sich heute im Germanischen National­mu­seum in Nürnberg, die anderen in Privatbesitz. Das Landshuter Gemälde – um 1516–25 entstanden und jetzt als Februar-Bild in den Zyklus eingeordnet – ist das figuren- und detailreichste Werk der Folge: Mehrere der Tafelbilder zeigen einen Mann, den Forscher als Herzog Ludwig X. von Bayern identifizieren, auf der Landshuter Darstellung kehrt er als Rückenfigur eines Zu­schauers des Pferde-Turniers wieder. Weiterhin stellt Wertinger in Nebenszenen u. a. eine Prozession dar, einen Pferde­schlitten, das muntere Treiben um den Marktbrunnen in Lands­hut. Gezeigte Sakralbauten links sind nicht der damaligen Anlage Landshuts zuzu­ordnen, was für Wertingers Schaffen allerdings nicht unge­wöhnlich erscheint, da sich in seinen Werken öfter Abweichungen von der genauen Topographie finden. Eine Betei­ligung von Wertingers großer Werkstatt – wie bei zahlreichen anderen Gemälden des Künstlers der Fall – wird bei der Folge der Monats­bilder aufgrund ihrer hohen Qualität in der Ausführung und der charakteristischen Merkmale von Wertingers Maltechnik ausgeschlossen – so macht die eigenhändige malerische Ausführung durch Wertinger das Gemälde besonders kostbar.

Hans Wertinger (um 1466–1533) spielte als Hofkünstler der Wittelsbacher am Münchner und Landshuter Herzogshof eine Schlüsselrolle in der süddeutschen Kunst der Renaissance. Innerhalb der deutschen Tafelmalerei seiner Zeit ist Wertingers Schaffen einzigartig.