Delacroix & Delaroche – Geschichte als Sensation

Eugene Delacroix (1798–1863) und Paul Delaroche (1797–1856) zählen zu den bedeutendsten Historienmalern des 19. Jahrhunderts in Frankreich, die seit etwa 1820 mit ihren Historiengemälden im Pariser Salon Aufsehen erregten. Obgleich Delaroche heute nahezu in Vergessenheit geraten ist und Delacroix als der modernere der beiden gilt, wurde Delaroche von den Zeitgenossen für seinen erstaunlichen Realismus in der Wiedergabe historischer Ereignisse weitaus mehr gefeiert. Erstmals werden in einer Ausstellung die beiden Künstler gegenübergestellt, deren Werk in den Pariser Salons oft gleichzeitig zu sehen war und von der Kunstkritik gefeiert oder verrissen wurden. Zwischen 1820 und 1850 war die Darstellung von Geschichte und Literatur wesentlich durch die Erfahrung großer gesellschaftlicher Umbrüche in kurzer Folge geprägt (Französische Revolution 1789, Aufstieg und Fall Napoleons, die Restauration, die Revolutionen von 1830 und 1848). Unter dem Einfluss der romantischen Strömung in Literatur und Theater sowie der sich konstituierenden Geschichtswissenschaft stellten beide Maler die emotionale Wirkung von Geschichte in den Mittelpunkt. Beide Künstler wollten den Betrachter über das Gefühl erreichen.

Paul Delaroche, Napoleon I. zu Fontainbleau am 31. März 1814 nach Empfang der Nachricht vom Einzug der Verbündeten in Paris, 1845; Museum der bildenden Künste Leipzig
Paul Delaroche, Napoleon I. zu Fontainbleau am 31. März 1814 nach Empfang der Nachricht vom Einzug der Verbündeten in Paris, 1845; Museum der bildenden Künste Leipzig

Mit über 35 Gemälden, 50 Zeichnungen sowie 50 Grafiken bietet die Ausstellung dieser Antipoden der Romantik eine ungewöhnliche Perspektive auf die französische Malerei der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zugleich ist dies die erste postume Ausstellung zu Delaroche in Deutschland. Die Ausstellung wird großzügig von zahlreichen Museen in Frankreich, Deutschland, Holland, England und Dänemark unterstützt. Exzeptionelle Leihgeber und Kooperationspartner sind das Musée du Louvre in Paris, das Musée des Beaux-Arts de Nantes und die Kunsthalle Bremen. Parallel wird erstmals die Sammlung französischer Kunst des Leipziger Seidenhändlers Adolph Heinrich Schletter (1793–1853) in einer Auswahl von 30 Gemälden gezeigt. Schletter trug zwischen 1839 und 1853 neben seiner Sammlung Alter Meister eine der größten Sammlungen französischer Malerei der Gegenwart in Deutschland zusammen, die er gemeinsam mit Positionen der zeitgenössischen deutschen Kunst ab 1841 in seiner Galerie in der Peterstraße 112 präsentierte. Das berühmteste Werk dieser Sammlung – Paul Delaroches Gemälde Napoleon I. in Fontainebleau von 1845 – erwarb der Sammler direkt vom Künstler. Schletter unterstützte die Bemühungen des 1837 gegründeten Leipziger Kunstvereins bei der Errichtung eines städtischen Kunstmuseums. 1853 vermachte er 89 Gemälde und 8 Skulpturen sowie sein Wohnhaus der Stadt Leipzig unter der Bedingung, dass innerhalb von fünf Jahren ein Museumsbau für ein Städtisches Museum errichtet werden solle. Knapp fünf Jahre später – im Dezember 1858 – wurde der erste Museumsbau in Leipzig eröffnet. Die Gemäldesammlung von Adolph Heinrich Schletter wird im Ausstellungskatalog vollständig verzeichnet. Außerdem zeigen wir parallel im 3. OG „Deutsche Historienmalerei des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung“.