Geschichte des Rechnens
Für das Bonner Arithmeum – das als „Mekka der Rechenkunst“ u. a. die weltweit umfassendste Sammlung historischer Rechenmaschinen präsentieren kann – ist es ein glücklicher Zugewinn: Aus Privatbesitz konnte das Museum die wohl größte noch verfügbare Sammlung historischer Rechenmaschinen mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung ankaufen. In über 50 Jahren hatte der ehemalige Büromaschinen-Vertreter Helmut Waldbauer mit Leidenschaft und großem Sachverstand seine Sammlung in Wien zusammengetragen, die nahezu lückenlos die Entwicklung und Produktion von Rechenmaschinen speziell in Österreich seit Beginn der Industrialisierung um 1870 bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Mit 338 Objekten verschiedenster Bauarten umfasst die Sammlung auch einige „Kronjuwelen“ aus der Anfangszeit der Produktion dieser mechanischen Wunderwerke. Obwohl wesentlich lukrativere Angebote aus den USA lockten, entschied sich der Wiener schließlich für das Bonner Arithmeum: Dort wird seine einzigartige Sammlung geschlossen zusammenbleiben, und in der aufwendigen Dauerausstellung werden zukünftig die schönsten Stücke präsentiert.
Unter den Neuzugängen finden sich die wichtigsten Maschinentypen in verschiedenen technischen Bauarten – Staffelwalze, Sprossenrad, Schaltklinke und Proportionalhebel. Die Sammlung Waldbauer enthält sowohl frühe Exemplare bekannter Hersteller als auch extrem seltene Maschinen und Unikate. Glanzstücke der Sammlung und von besonderer Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte der mechanischen Rechenmaschinen sind die Staffelwalzenmaschine von Dobesch & Masseur (ca. 1880) sowie die ersten Schaltklinkenmaschinen von Curt Dietzschold (1877/78) und von Friedrich Weiss (1893), die zwar alle nicht kommerziell in Serie produziert wurden, aber dennoch einflussreich waren für die weitere Entwicklung. Durch den Ankauf der umfangreichen Sammlung Waldbauer kann das 1999 gegründete Arithmeum nun eine Lücke im Bestand mechanischer Rechenmaschinen schließen.
Jetzt wurden die Wirkungsmechanismen dieser frühen Prototypen erstmals intensiv wissenschaftlich untersucht: Neueste Forschungsergebnisse zu den technisch komplexen Objekten werden in einer Publikation im Rahmen der Schriftenreihe der Kulturstiftung der Länder ausführlich vorgestellt: PATRIMONIA 353, Historische Rechenmaschinen, hrsg. von der Kulturstiftung der Länder in Verbindung mit dem Arithmeum, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn 2010.