Ausgezeichnet: Berliner Werkbundarchiv – Museum der Dinge
Farbenfrohe Stoffreste, Kartonschnipsel, Versatzstücke von MDF-Platten und Pappe verteilen sich in einem bunten Durcheinander nebst Cuttermesser, Papierschere und der Allzweckwaffe schlechthin – der Heißklebepistole. Mittendrin Schüler und Schülerinnen der Marcel-Breuer-Schule aus Berlin mit konzentrierten Mienen: Wohnen und Arbeiten auf kleinstem Raum – so lautet die Grundidee des Projekts „ourhomestories“. In schuhkartongroße Zimmer- und Wohnungsmodelle setzen die Jugendlichen, die sich zu technischen Assistenten für Produktdesign ausbilden lassen, selbsterdachte multifunktionale Miniaturmöbel. Kleine Modelle für große Visionen: Die Entwürfe sollen zu Hauptdarstellern in selbstproduzierten Stop-Motion-Filmen werden. „Ourhomestories“ ist eines der zahlreichen Projekte im Rahmen der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Oberstufenzentrum in Pankow und dem Werkbundarchiv, dem Museum für Produktkultur und Designgeschichte in Berlin.
Unter dem Namen „Das Museum – eine Schule der Dinge“ ist das Programm des Werkbundarchivs nun mit dem Zukunftspreis für Kulturbildung – DER OLYMP ausgezeichnet worden: Wenn die Schüler anhand tatsächlicher Fragestellungen des Museums Produkte entwerfen, Modelle für Ausstellungsräume gestalten, Marketingstrategien austüfteln, Flyer designen oder eigene Filme produzieren, lernen sie konkret für ihren künftigen Beruf. Über die fachlichen Kompetenzen hinaus nehmen die Schüler im unmittelbaren Kontakt zur kulturellen Einrichtung jedoch noch viel mehr mit: Sie tauchen in den Museumskosmos ein, begreifen die unterschiedlichen Sichtweisen auf die „Dinge“ ihrer Umwelt und lernen, diese kritisch zu reflektieren. Neben der Kunsthistorikerin Nicola von Albrecht, die das Programm auf Museumsseite betreut, bereichern weitere Profis aus Kunst und Kultur die offene Lernstruktur mit Workshops zu Produkt- und Kommunikationsdesign, Bühnenbild und Szenografie, Architektur, Bildende Kunst, Film oder Fotografie. Auf beiden Seiten fest in die jeweiligen Strukturen integriert, profitieren nicht nur die Auszubildenden von dem Programm. Auch das Museum gewinnt: Indem es das Thema Vermittlung ins Zentrum rückt, profiliert sich das Werkbundarchiv als Lern- und Erfahrungsplattform mit Strahlkraft. Die Tätigkeiten des Museums – Sammeln, Forschen, Ausstellen, Vermitteln –, aber auch Inhaltliches, wie historische und aktuelle Gesellschaftsthemen, die sich in der Sammlung des Werkbundarchivs widerspiegeln, bestimmen das Programm.
„Wie wohnen?“, lautet zum Beispiel eine der Leitfragen des Museums, die nah an der Lebenswelt der Schüler angesiedelt ist. So inszenieren sie im Projekt „ourhomestories“ ihre modellgewordenen Visionen rund um den eigenen Wohnraum in Stop-Motion-Filmen, die über einen eigenen Blog zu bestaunen sind. In der Auseinandersetzung mit historischen Wohnkonzepten haben sich die Berliner Schüler vor allem von der Idee der platzsparenden Multifunktionalität leiten lassen: Stefanie, Janine-Denise, Christopher und Philipp präsentieren beispielsweise in ihrem Film mit dem Titel „Vis à vis“ ein rundes Regal, das sich in ein Ensemble aus Tisch und Stühlen verwandeln kann. Der „Space Table“ von Anastasia, Michelle und Marvin lässt sich flugs in ein Wandregal umbauen. „Die Wohnraumfrage, die angesichts zunehmender Urbanisierung, Gentrifizierung und dem Zuzug vieler Geflüchteter weiter an Relevanz gewinnt, wollen wir mit dem Programm noch vertiefen“, sagt Nicola von Albrecht vom Werkbundarchiv. Die Kooperation mit der Marcel-Breuer-Schule, das steht für alle Beteiligten fest, wird weiterbestehen – und zwar so wie bisher: fest verankert sowohl im Museums- als auch im Schulalltag.
DER OLYMP – Zukunftspreis für Kulturbildung 2016, verliehen von der Kulturstiftung der Länder gemeinsam mit der Deutsche Bank Stiftung, geht an das Werkbundarchiv – Museum der Dinge, Berlin mit dem Beitrag „Das Museum – eine Schule der Dinge“: Das Programm hat Vorbildcharakter, findet die Wettbewerbs-Jury und betont außerdem, dass die Zusammenarbeit „Einzug in das schulinterne Curriculum gehalten“ habe und das Programm „in hohem Maße partizipativ“ sei.