Eine helfende Hand
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren in den Nachkriegswirren Hunderte Druckschriften, ein mittelalterlicher Codex und 12 frühe Einblattdrucke aus der Universitätsbibliothek Heidelberg gestohlen worden. Einige dieser Werke wurden in den vergangenen Jahrzehnten bereits aus privaten Nachlässen sowie der National Gallery of Art (Washington) zurückgegeben, darunter auch sechs der frühen Einblattdrucke. Die beiden wertvollen Einblattdrucke, die nun mit Hilfe der Kulturstiftung der Länder und der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg zurückgewonnen wurden, gehören ebenfalls zu den damals gestohlenen Stücken. Sie waren Ende 2010 in einem US-amerikanischen Auktionshaus zum Aufruf gekommen und konnten nun dank der Vermittlung der Kunsthandlung C. G. Boerner aus Düsseldorf an die Universitätsbibliothek Heidelberg zurückkehren.
Die beiden Drucke gehören zu den weltweit ältesten erhaltenen Druckwerken: Schon vor dem Buchdruck wurden solche graphischen Einzelblätter mit meist religiösem Inhalt von der Bevölkerung für die individuelle Andacht zu Hause genutzt – weltweit haben sich nur rund 3.400 vergleichbare Drucke erhalten. Der Druck „Speculum humanae salvationis als Hand“ (1466) ist vor allem aufgrund der Motivwahl interessant: Er zeigt eine geöffnete Hand, rechts und links sind Maria Magdalena und Martha dargestellt, auf Bannern steht am oberen und unteren Bildrand lateinischer Text. Die Hand dient als Gedächtnisstütze, um komplexe Theologie in ein leicht einzuprägendes Schema zu übertragen. Der Text beschreibt den ‚richtigen‘ christlichen Lebensstil, der sich in der Entwicklung vom Erkennen des Willen Gottes über Versündigung, Reue und Beichte bis hin zur Buße äußern sollte. Jeder der fünf Finger steht für eine der fünf Stufen auf diesem Weg und macht das Motiv so zur stetigen Erinnerung im Alltag. Der zweite Druck (um 1470) zeigt in einer Art Collagetechnik die Heilige Margaretha, die – mit Heiligenschein, Krone und Palmenzweig dargestellt – mit ihrem Kreuzstab den Kopf eines Drachens auf den Boden drückt.
Die seltenen und kostbaren Blätter, in Süddeutschland hergestellt, waren bereits 1826 durch den Kauf der Klosterbibliotheken Salem und Petershausen in den Bestand der Universitätsbibliothek Heidelberg gekommen. Nun sind sie endlich wieder glücklich nach Heidelberg zurückgekehrt.