Das Werk war während der NS-Zeit dem damaligen Besitzer, dem jüdischen Bankier Jakob Goldschmidt, unrechtmäßig entzogen worden. Die Stadt Hagen restituierte das Gemälde nun an die Erben Goldschmidts und erwirbt es umgehend zurück. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit 70.000 Euro.
Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Wir freuen uns, dass das Osthaus Museum Hagen Renoirs Werk ‚Blick von Haut Cagnes aufs Meer‘ im Sinne einer fairen und gerechten Lösung an den Erben des rechtmäßigen Eigentümers Jakob Goldschmidt restituiert hat. Gleichzeitig war es uns mit unserer Förderung ein besonderes Anliegen, den Verbleib des Werkes in Hagen zu sichern – hier im Osthaus Museum erinnert es zukünftig sowohl an Jakob Goldschmidt als auch an die Sammlungsgeschichte des Hauses selbst. Denn das Gemälde steht auch stellvertretend für die Sammlungstätigkeit des Museumsgründers Karl Ernst Osthaus.“
Das Gemälde Renoirs „Blick von Haut Cagnes aufs Meer“ wird seit 1989 im Osthaus Museum in Hagen gezeigt. Seit 2007 liegt dem Museum ein Restitutionsanspruch des Erben nach dem Berliner Bankier und Kunstsammler Jakob Goldschmidt (1882-1955) vor. Gemäß den Washingtoner Prinzipien von 1998 und der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 hat das Museum nun eine faire und gerechte Lösung erzielen können, das Gemälde an die Erben Goldschmidts restituiert und anschließend neu angekauft. Die Cȏte d’Azur-Landschaft von Renoir wird weiterhin in der ständigen Ausstellung des Museums gezeigt – begleitet von Erläuterungen zu seiner Geschichte und Bedeutung.
Karl Ernst Osthaus (1874-1921) gründete 1902 das Folkwang-Museum in Hagen (seit 1922 in Essen, heute Museum Folkwang). Bei seiner Gründung galt es als das weltweit erste Museum mit einer Sammlung zeitgenössischer Kunst. Darunter auch Werke Renoirs, dessen Malerei das besondere Interesse Osthaus‘ galt. Renoir hielt den Blick von Haut Cagnes auf Olivenhaine und das entfernte Mittelmeer mit Öl auf Leinwand fest. Das 29,5 x 47 cm Gemälde signierte er in der unteren linken Ecke mit „P A Renoir“. Das vollendete Werk zeigt die weiche Malweise Renoirs, die nach 1900 charakteristisch für sein Schaffen wurde.
Nachdem Renoir das Gemälde 1910 geschaffen hatte, befand es sich bis 1919 im Atelier des Künstlers. Nach dem Tod des Künstlers gelang es über die Kunsthandlung Bernheim-Jeune in Paris und (vermutlich) die Galerie Mathiesen in Berlin um 1928/29 in die Sammlung Jakob Goldschmidt, Berlin-Neubabelsberg. Goldschmidt war einer der bedeutendsten Bankiers der Weimarer Republik. Aufgrund seines jüdischen Glaubens und seiner Position war Goldschmidt der Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime ausgesetzt. 1933 floh er aus Deutschland und emigrierte 1936 über die Schweiz in die USA. Die deutsche Staatsangehörigkeit wurde ihm 1940 entzogen. 1941 wurde Goldschmidts gesamtes Vermögen zugunsten des Deutschen Reiches entschädigungslos eingezogen, darunter auch das Renoir-Gemälde. Nach Kriegsende bemühte er sich um die Restitution seiner enteigneten Kunstsammlung.
1941 wurde das Renoir-Gemälde „Blick von Haut Cagnes aufs Meer“ versteigert. In den Folgejahren wechselte es den Besitzer, befand sich unter anderem in Templin, am Bodensee, in Zürich und Köln. 1958/59 erwarb Fritz Berg das Werk, wodurch es Teil der Privatsammlung des rheinischen Ehepaars Berg wurde. Seit Stiftung der Sammlung Berg 1989 gehörte Renoirs Werk zur Dauerausstellung des Osthaus Museum Hagen. Die Privatsammlung Berg ermöglichte es dem Osthaus Museum Hagen, die 1922 von den Osthaus-Erben nach Essen verkaufte Sammlung mit vergleichbaren Werken wiederaufzubauen. Renoirs „Blick von Haut Cagnes aufs Meer“ erinnert deutlich an das Sammlungsprofil von Karl Ernst Osthaus, er schätzte Renoir besonders und besuchte ihn persönlich in Cagnes.
Weitere Förderer: Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Kunst- und Kulturförderung des Landes Nordrhein-Westfalen