NS-verfolgungsbedingt entzogen – Objekte aus der Sammlung Oppenheim für Leipzig erworben

Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Das GRASSI Museum erwirbt im Rahmen einer fairen und gerechten Lösung auf Basis der Washingtoner Prinzipien von 1998 und der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 zwei Deckelhumpen, die 1936 vom Grassi Museum auf einer Auktion erworben wurden. Mit unserer Förderung wollen wir das Museum unterstützen, an eine der bedeutendsten deutschen Sammlerinnen angewandter Kunst zu erinnern. Es ist wichtig, dass das Museum anhand der Objekte seine Rolle im NS-Kulturgutraub reflektiert und auf die Verbrechen der NS-Zeit aufmerksam macht.“

Die Kunstsammlerin und Mäzenin Margarete Oppenheim (geb. Eisner, verw. Reichenheim) wurde 1857 in Leipzig geboren. Sie stellte mit ihrem ersten Ehemann Georg Reichenheim eine der umfangreichsten und wichtigsten Sammlungen angewandter Kunst in Deutschland zusammen und gehörte zu den frühen Sammlerinnen und Sammlern moderner Kunst in Deutschland. Margarete Oppenheim und ihre Erben gehörten zu den vom NS-Regime als Juden verfolgten deutschen Staatsbürgern, ihre Erben konnten emigrieren. Aus der Nachlassversteigerung der 1935 verstorbenen Sammlerin in München 1936 erwarb das GRASSI Museum Leipzig 24 Objekte. Nach einer Einigung mit der Erbengemeinschaft Margarete Oppenheim verbleiben zehn Objekte im Museum, die von der Erbengemeinschaft erworben werden. Zwei dieser Objekte – barocke Deckelhumpen der sächsischen beziehungsweise Leipziger Goldschmiedekunst – entsprechen den Richtlinien der Erwerbungsförderung der Kulturstiftung der Länder hinsichtlich ihrer nationalen/gesamtstaatlichen Bedeutung.

Einer der beiden Deckelhumpen (Trinkgefäß mit einem Deckel) wurde um 1620 aus Serpentin geschliffen und teilweise vergoldet. Das verwendete Material – sogenannter Zöblitzer Serpentin – stammt aus den historischen Steinbrüchen nahe dem sächsischen Zöblitz. Dort wurde seit dem 15. Jahrhundert Serpentin abgebaut und in der einzigen Drechslerinnung gestaltet, die dieses Material verarbeitet. Gefäße aus sächsischem Serpentin finden sich in nahezu allen wichtigen fürstlichen Kunst- und Schatzkammern des 16. und 17. Jahrhunderts. Der Deckelhumpen in Leipzig gilt als ein sehr elegantes Beispiel für Gefäße aus Serpentin.

Der andere Deckelhumpen mit drachenförmigen Ausguss wurde um 1627/28 aus Silber gegossen und getrieben sowie anschließend vergoldet. Humpen wie dieser, die zu Gießgefäßen geformt wurden, sind äußerst selten. Der Humpen dokumentiert mit seinem ungewöhnlichen drachenförmigen Ausguss die Qualität der Leipziger Goldschmiedekunst im frühen 17. Jahrhundert. Er ist daher ein wichtiges Zeugnis der lokalen Schmiedekunst und von besonderem wissenschaftlichen Interesse. Beide Humpen wurden seit der Wiedereröffnung der Dauerausstellung des GRASSI Museums (2007) dauerhaft der Öffentlichkeit präsentiert, zum einen im Kontext der barocken Kunstkammerstücke, zum anderen in dem dem sächsischen Barock gewidmeten Saal.

Weitere Förderer dieser Erwerbung: Stadt Leipzig, Sparkasse Leipzig, Sächsische Landesstelle für Museumswesen