Beschreibung
Das monumentale Ölgemälde Bacchanale von Lovis Corinth (1858-1925) gehört zu den Hauptwerken seiner zweiten Münchner Phase. Nackt, zwischen Ekstase und Exzess schwankend, zelebrieren und tanzen Mänaden, Anhängerinnen des Bacchus-Kults, zu Ehren des antiken Weingottes. Im Vordergrund liegt ein Bacchant, der wie von Sinnen auf eine, seine Hand ergreifende, Nymphe stiert. Corinth zeigt auf repräsentativem Großformat (118,7×201,4 cm) die Ambivalenz von Lust und Gewalt. Die Intensität und Überspitzung des Bacchanale polarisierte schon zu seiner Fertigstellung 1896. Eine Ausstellung in der Münchner Sezession, deren Gründungsmitglied Corinth war, blieb ihm verwehrt.
Das niedersächsische Landesmuseum Hannover kann seiner bedeutenden Sammlung zum sogenannten „Dreigestirn des deutschen Impressionismus“, neben dem Corinth auch Max Liebermann (1847-1935) und Max Slevogt (1868-1932) gehören, mit dem Bacchanale ein weiteres Gemälde hinzufügen. Im Jahr 1936 wurde das Bacchanale durch einen Zwangsverkauf seinem jüdischen Besitzer Alfred Michaelis Salomon (1878–1945) geraubt. Er selbst wurde 1945 in Bergen-Belsen umgebracht, die Kinder in Ausschwitz ermordet. Allein seiner Frau gelang die Emigration in die Vereinigten Staaten. Das Landesmuseum Hannover erinnert an die Provenienz des Gemäldes und das Schicksal der Familie Salomon. Nach der Restitution des NS-verfolgungs-bedingt zwangsverkauften Gemäldes an die Erben Alfred Michaelis Salomons im Jahr 2016 unterstützte die Kulturstiftung der Länder 2018 den Erwerb für das Landesmuseum Hannover.
Im vorliegenden Patrimonia-Band stellt Dr. Thomas Andratschke einen Bezug zwischen der Neuerwerbung und den bereits im Landesmuseum befindlichen Gemälden her. Prof. Dr. Katja Lembke, Direktorin des Landesmuseums Hannover, behandelt die Rezeption antiker Bacchanalien bei Böcklin sowie Corinth. Einen detaillierten Blick auf die Herkunftsgeschichte des Werkes und das Schicksal der Familie Salomon wirft Dr. Claudia Andratschke, Leiterin Sammlungen | Forschung Provenienzforschung im Landesmuseum Hannover. Die Restauratorin Kirsten Hinderer klärt über den Erhaltungszustand des Gemäldes auf.