Opus 120, Seite 0
Eigentlich war der Auftrag unter seiner Würde: Als Ludwig van Beethoven (1770–1827) für eine von Anton Diabelli geplante Kollektivpublikation neben 49 anderen Komponisten eine Walzervariation liefern sollte, lehnte er dankend ab. Das Thema ließ ihn dennoch nicht mehr los. Die Aussicht auf eine Einzelveröffentlichung und ein angemessenes Honorar bewegten den Meister dazu, zwischen 1819 und 1823 gleich 33 Variationen niederzulegen, die heute als sein letztes großes Klavierwerk gelten.
2009 war es dem Beethoven-Haus Bonn mit Hilfe zahlreicher Spender möglich gewesen, das Autograph des Opus 120 zu erwerben und damit für die weltweit umfassendste Beethoven-Sammlung zu sichern. Beim Ankauf wurde das Museum von herausragenden Künstlern wie András Schiff, Daniel Barenboim oder Anne-Sophie Mutter sowie der Kulturstiftung der Länder unterstützt. Zur Vollständigkeit fehlte den 45 Notenblättern der Originalhandschrift der sogenannten Diabelli-Variationen lediglich noch das passende Titelblatt, das durch das Bonner Museum nun glücklicherweise angekauft werden konnte. Doch kein visuell gefälliges, mit Putti und Schnörkeln versehenes Cover gesellt sich zur kostbaren Handschrift: Vielmehr handelt es sich um ein musikhistorisch wertvolles Objekt, das knapp, aber dennoch beredt über die Entstehungs- und Editionsgeschichte des Zyklus Auskunft gibt.
Ohne jegliche künstlerische Dreingabe ziehen sich einige wenige Zeilen in deutscher Kurrentschrift über das schlichte Notenpapier. In Schwarz hat Beethoven den Titel der Variationen – hier „Veränderungen“ genannt – sowie sich selbst als Urheber vermerkt. In Rot setzte Aloys Fuchs später und deutlich lesbar hinzu, dass die „Uiberschrift“ von „Beethovens eigener Hand“ stamme. Auch fügte er die Opus-Zahl hinzu. Fuchs war ein bedeutender zeitgenössischer Autographensammler, der in Komponisten- und Sammlerkreisen äußerst gut vernetzt war. Die Stellung des Blattes in Fuchs’ Sammlung wird die zukünftige Forschung ebenso beschäftigen wie die Erkenntnis, dass Beethoven den deutschsprachigen Begriff „Hammer-Klavier“ dem italienischen „Piano-Forte“ vorzog. Eine Vorliebe, die der Verleger Diabelli trotz aller Verehrung bei der Drucklegung des Opus 120 nicht berücksichtigte.
Separate Titelblattentwürfe von Komponisten sind besonders selten und dementsprechend begehrt. Umso größer ist die Freude im Beethoven-Haus Bonn darüber, Notenkorpus und Deckblatt durch die Förderung der Kulturstiftung der Länder, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, des Landes Nordrhein-Westfalen, der Gielen-Leyendecker-Stiftung und eines privaten Spenders endlich vereinen zu können.