Man Ray in Deutschland

Charles Fraser: Man Ray mit photokina-Auge, photokina 1960, © Fraser Estate, London
Charles Fraser: Man Ray mit photokina-Auge, photokina 1960, © Fraser Estate, London

Jean Cocteau, Max Ernst, Pablo Picasso, Gertrude Stein, Dora Maar: Sie waren – neben zahlreichen weiteren Schriftstellern, Wissenschaftlern und Künstlern – die berühmten Protagonisten in Man Rays legendärer Porträtgalerie der 1920er und 1930er Jahre. Man Ray, einer der bedeutendsten Fotokünstler des 20. Jahrhunderts, revolutionierte als vielseitiger und erfindungsreicher Pionier u. a. die künstlerische, aber auch die Mode- und die Porträtfotografie. Für seinen wichtigsten publizistischen Förderer in Deutschland, L. Fritz Gruber (1908–2005), entstanden für das 1963 erschienene Fotobuch „Man Ray Portraits“ 50 Repro-Kontaktabzüge der Porträtreihe im Format 10,5 x 7,5 cm. Diese Abzüge bilden das Herzstück der privaten Sammlung von Renate und L. Fritz Gruber, die jetzt vom Kölner Museum Ludwig mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Kunststiftung NRW angekauft werden konnte. Die Fotografische Sammlung des Museums erhält neben den 50 Porträts, die Man Ray mit handschriftlichen Notizen versah, auch 37 sogenannte Rayografien, neun „later prints“ wichtiger Motive, weiterhin ein Exemplar der Edition „Les mannequins“ von 1966, einige Gemälde, dokumentarische Materialien, fast sämtliche Fotobücher mit einigen bibliophilen Kostbarkeiten und eine große Anzahl von Ausstellungskatalogen Man Rays, dazu die umfangreiche Korrespondenz aus den Jahren 1960 bis 1976 mit wichtigen Quellenmaterialien, weitere Archivmaterialien und Typoskripte Grubers.

Die Rayografien demonstrieren als wichtige Werke Man Rays experimentelle Gestaltungskraft, mit der er die Fotografie als Kunstform bereicherte: Die Technik der Fotografie ohne Kamera lässt die Bilder in der Dunkelkammer entstehen, wo Man Ray Gegenstände direkt auf die lichtempfindlichen Papiere legte, sie dabei scharf oder matt abbildete und sie mit unterschiedlichen Lichtquellen bestrahlte.  Oft entstanden Aufnahmen von geheimnisvoller Anmutung, die alltäglichen Gegenständen eine surreale Bedeutungsebene zuweisen und sie aus ihren rein praktischen Zusammenhängen lösen. Die Kontaktabzüge aus der Sammlung Gruber entstanden 1962/63 nach den Reproduktions-Negativen, die Man Ray in den 1920er und 1930er Jahren von seinen Unikat-Rayografien hergestellt hatte.

Das Museum Ludwig in Köln besitzt bereits seit 1977 dank der Erwerbung einer ersten Sammlung von L. Fritz Gruber die bedeutendste Kollektion originaler Fotografien des amerikanischen Künstlers in Deutschland. Der jetzt erworbene, zusätzliche Bestand bereichert das Kölner Museum u. a. um umfangreiche Archivmaterialien, die das Haus zum wichtigsten Ort zur Erforschung von Werk und Rezeption Man Rays in Deutschland machen.