Expressionistisches Gemälde, Atelierszene schräg von oben
ERWERBUNGSFÖRDERUNG

Kirchner-Gemälde aus der Sammlung Victor Wallerstein verbleibt im Brücke-Museum

Ernst Ludwig Kirchners Gemälde „Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach“ (1913) verbleibt im Brücke-Museum in Berlin. Mit der Erbengemeinschaft des jüdischen Vorbesitzers Dr. Victor Wallerstein konnte eine faire und gerechte Lösung im Sinne der Washingtoner Prinzipien bezüglich NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts gefunden werden. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit einem sechsstelligen Betrag.

Dazu Prof. Dr. Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Ich freue mich, dass Ernst Ludwig Kirchners Gemälde ‚Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach‘, das von gesamtstaatlicher kultureller Bedeutung ist, in Berlin verbleiben kann. Das Brücke-Museum ist der ideale Ort, um das Werk in seinem kunsthistorischen, regionalen und insbesondere auch provenienzgeschichtlichen Kontext zu zeigen. Insbesondere freut es mich, dass nun auch die Rolle des Sammlers Victor Wallerstein – der exemplarisch für viele jüdische Biografien steht – durch die Vermittlung im Museum eine Würdigung erfährt.“

Das expressionistische Gemälde entstand 1913 kurz vor der Auflösung der Künstlergruppe Brücke im Berliner Atelier Ernst Ludwig Kirchners und befand sich ab ca. 1918 im Eigentum des Kunsthistorikers und Kunsthändlers Dr. Victor Wallerstein (1878–1944), der in seiner – gemeinsam mit Dr. Fritz Goldschmidt betriebenen – Berliner Galerie Brücke-Künstler ausstellte und deren Werke auch privat sammelte. Aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung war Wallerstein gezwungen, seine Kunsthandlung zu schließen. Er emigrierte 1936 nach Italien. Zwar konnte er einen kleinen Teil seiner Privatsammlung mitnehmen, musste jedoch aus wirtschaftlichen Gründen einige Kunstwerke verkaufen – so auch das Bild „Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach“. Er verstarb wenig später 1944 in Florenz. 1973 wurde das Gemälde vom Brücke-Museum aus dem Kunsthandel erworben.

Seit 2018 erfolgt im Brücke-Museum eine intensive Provenienzforschung zur eigenen Sammlung – im Falle des Kirchner-Gemäldes mit finanzieller Förderung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste und der Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt.  Nun konnte eine faire und gerechte Lösung gemäß den Washingtoner Prinzipien von 1998 und der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 mit der Erbengemeinschaft von Victor Wallerstein gefunden werden, sodass das Gemälde, welches tatsächlich das letzte malerische Zeugnis der Künstlergruppe vor ihrer Auflösung ist, gegen eine Entschädigungszahlung im Brücke-Museum verbleiben kann. Über die Höhe der Entschädigungssumme wurde Stillschweigen vereinbart.

„Erich Heckel und Otto Mueller beim Schach“ zeigt eine Atelierszene mit Kirchners beiden Künstlerkollegen, im Hintergrund ist Kirchners Lebensgefährtin Erna Schilling als Aktdarstellung zu sehen. Das Bild ist stilistisch typisch für die Berliner Jahre (1911–1915) des Künstlers.

Das 1967 eröffnete Brücke-Museum in Berlin ist weltweit das einzige Museum mit diesem Schwerpunkt und besitzt eine der größten Sammlungen zur Kunst der Brücke. Sein Bestand geht auf einen Grundstock von Schenkungen durch die damals noch lebenden Künstler Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff zurück, vergleichsweise wenige Werke von Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), der als einer der Hauptvertreter des deutschen Expressionismus gilt, befinden sich in der Sammlung. Das angekaufte Gemälde soll im Herbst 2024 im Rahmen der Ausstellung „Biografien der Moderne. Sammelnde und ihre Werke“ präsentiert werden. Dabei liegt der Fokus auf den Biografien der jüdischen Sammlerinnen und Sammler – wie Victor Wallerstein – die als Unterstützer der modernen Kunst in Deutschland maßgeblich den Weg ebneten, und in diesem Zusammenhang wieder ins Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt werden sollen.

 

Weitere Förderer: Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Ernst von Siemens Kunststiftung

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