Frauensolidarität in Saarbrücken

Oskar Schlemmer, Blaue Frauengruppe, 1931, 162,5 × 114 cm; Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Saarlandmuseum, Saarbrücken
Oskar Schlemmer, Blaue Frauengruppe, 1931, 162,5 × 114 cm; Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Saarlandmuseum, Saarbrücken

Ab 1952 trug der Gründungsdirektor der Modernen Galerie des Saarlandmuseums, Rudolf Bornschein, in heute fast unvorstellbarer Geschwindigkeit eine beeindruckende Kollektion vor allem impressionistischer und expressionistischer Werke zusammen; allein auf der 20. Auktion des Stuttgarter Kunstkabinetts 1954 erwarb er 32 hochrangige Gemälde und Graphiken. Doch die damalige Zollunion des Saarlandes mit Frankreich hatte Nachteile: Alle Importe von Kunstwerken (mit Ausnahme von Graphiken) mussten in zum Teil langwierigen Verfahren von Paris genehmigt werden. Weil er manchmal Galeristen und vor allem Auktionshäuser nicht so lange hinhalten konnte, musste Bornschein auf etliche Werke verzichten. Im Fall des Schlemmer-Bildes klappte der Handel, obwohl Bornschein die Galerie Aenne Abels in Köln bitten musste, ihm die „Blaue Frauengruppe“ ein halbes Jahr zu reservieren. Heute bildet das Gemälde im Saarlandmuseum den Höhepunkt einer Gruppe von Werken des Bauhaus-Kreises, zu der Bilder von Itten, Moholy-Nagy, Feininger, Albers, Winter, Bayer und Kleint zählen. Die „Blaue Frauengruppe“ entstand 1931, also während Oskar Schlemmer (1888–1943) an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau lehrte – eine der produktivsten Phasen seines Künstlerlebens. Karin von Maur konstatierte in dieser Zeit einen „Stilwandel“, der sich gerade in diesem Bild offenbare. Schlemmer selbst notierte dazu: „Barocke Periode!? Nicht ohne Gefahren und Verlassen der Strenge, des statisch-konstruktiven Aufbaus zugunsten des Schwungs, gesteigerten Gefühls, in der Folge vielleicht romantischer Ekstase.“ (Tagebucheintrag vom 18. März 1931)

Die Statuarik von Schlemmers Figuren wird in der „Blauen Frauengruppe“ weniger gemildert als in anderen Bildern dieser Zeit, sie wird durch die „Kanneluren“ der Röcke sogar betont, doch andererseits durchbrochen durch die Bewegung einer fast verdeckten Frau im Mittelgrund und die Körperwendung einer anderen am linken Bildrand, deren Kleider dadurch zu schwingen scheinen. Die Inschrift auf einer Vorzeichnung – „blütenhafte Hochentwicklung“ – deutet an, dass es Schlemmer hier durchaus darum ging, dem Bild eine Anmutung von organischem Wachstum zu verleihen. Die Bedeutung des Gemäldes wird dadurch unterstrichen, dass es nach 1945 in zahlreichen Ausstellungen zu sehen war, unter anderem 1954 auf der XXVII. Biennale in Venedig und im folgenden Jahr auf der documenta I in Kassel.

Doch für Kunstwerke sind ausgedehnte Reisen eine Strapaze und ein Grund für die Materialermüdung, die auch die „Blaue Frauengruppe“ ereilt hat, denn über die gesamte Bildfläche verteilt scheint die weiße Grundierung zu zerfallen. Warum zeigt sich hinter der scheinbar intakten Fassade dieser Schaden erst jetzt? Im Unterschied zu anderen Werken Schlemmers mit ähnlichem Schadensbild ist die „Blaue Frauengruppe“ seit ihrer Entstehung keinen wesentlichen konservatorischen oder restauratorischen Eingriffen unterworfen worden. Dieser Umstand bietet nun die Chance einer maltechnischen Analyse des Schichtaufbaus, der Bindemittel und Pigmente, um dem Schadensphänomen auf den Grund zu gehen und mehr über Schlemmers Malprozess zu lernen.

Mikroskopisches Detail der Bildschicht im Bereich der Schulter der mittleren Figur: Zu sehen sind dunkel die Craquelésprünge, entlang derer kleine Malschichtpartikel bereits fehlen oder durch Abheben vom Verlust bedroht sind.
Mikroskopisches Detail der Bildschicht im Bereich der Schulter der mittleren Figur: Zu sehen sind dunkel die Craquelésprünge, entlang derer kleine Malschichtpartikel bereits fehlen oder durch Abheben vom Verlust bedroht sind.

Geplant ist, auf die maltechnische Untersuchung des Werkes eine konservatorische Sicherung folgen zu lassen. Wie bei matten Malereien üblich, besteht die Herausforderung darin, die Malerei zu festigen, ohne dass eingeführte Bindemittel eine Verdunkelung oder gar einen Glanz auf der Oberfläche erzeugen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, dass die Grundierung auch unter noch intakter Malschichtoberfläche gelockert ist. Diese Bereiche sind sehr schwer zu erreichen. Bei diesem Bild ist nur eine Sicherung von der Vorderseite, durch das teilweise mikroskopisch kleine Craquelé in den Schichten, möglich. Stück für Stück wird ein Festigungsmittel mit einem feinen Pinsel an die Ränder von Malschichtschollen eingegeben, um von der Grundierung aufgesogen zu werden.

Für einen optimalen Effekt ist seitens des Restaurators große Materialkenntnis, ein präzises Vorgehen und intensives Verständnis des Bildaufbaus und Schadensbildes notwendig. Solche Arbeiten, für die aufgrund der Detailliertheit mehrere Wochen einzuplanen sind, werden unter dem Mikroskop durchgeführt. Der Kostenrahmen beziffert sich für Untersuchung, Konservierung und Dokumentation auf über 20.000 Euro – eine Summe, die das Saarlandmuseum alleine nicht aufbringen kann. Bitte unterstützen Sie die Konservierung dieses bedeutenden Gemäldes und tragen Sie dazu bei, nicht nur das Œuvre Oskar Schlemmers zu erhalten, sondern auch das Wissen über seine Malerei zu mehren.

Wir bitten Sie herzlich, liebe Leserin und lieber Leser, um Unterstützung für das Saarlandmuseum in Saarbrücken. Spenden Sie für die Restaurierung der „Blauen Frauengruppe“ von Oskar Schlemmer und überweisen Sie bitte unter dem Stichwort „Schlemmer“ auf eines der Konten der Kulturstiftung der Länder. Vielen Dank!

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