Die Mappen des Malers

Der Begründer des „Bremer Künstlerbundes“ Ernst Müller-Scheeßel (1863 –1936) ist als Maler und Gestalter des Roselius-Hauses in der Bremer Böttcherstraße bekannt. 1903 hatte er eine Schwester des Mäzens und Kaffee-HAG-Produzenten Ludwig Roselius (1874 –1943) geheiratet, für dessen Sammlung er das Haus in der Böttcherstraße umgestaltete und wo er sich ein Atelier einrichtete. Beide verband ein starkes Interesse an niederdeutscher Kunst und Volkskultur. Die Anbindung an die Heimat(-kunst)bewegung erklärt auch Müller-Scheeßels Motiv- und Formwahl im malerischen, graphischen und kunstgewerblichen Werk.

1908 eröffnete er auf dem Meyerhof in Scheeßel das sogenannte Kunstgewerbehaus, in dem Möbel nach seinen Entwürfen ausgestellt und verkauft wurden. In einer Synthese aus Jugendstil und niedersächsischer Volkskunst wurden sie im Auftrag Müller-Scheeßels von ortsansässigen Tischlereibetrieben gefertigt. In betuchten bürgerlichen Haushalten war es en vogue, sich mit Mobiliar von Müller-Scheeßel einzurichten. Ähnlich wie bei Heinrich Vogeler und Bernhard Hoetger war diese Tätigkeit Resultat eines umfassenden Kunstverständnisses, zugleich sicherte sie dem späteren Professor an der Hochschule für Künste in Bremen auch ein zuverlässiges Einkommen.

Aus dieser Zeit übernahm die Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen im Juli 2011 durch eine Schenkung der Erben die Geschäftskorrespondenz Müller-Scheeßels in ihren Bestand. Weiterhin befinden sich darunter Briefe, Zeitungsausschnitte, Plakate, Kataloge, Fotos und Klischees. Diese Materialien verstehen sich als wertvolle Ergänzung zu dem im Heimatmuseum in Scheeßel verwahrten Nachlass.

Geschäfts- und Privatkorres­pondenz Ernst Müller-Scheeßels; Staats- und Universitäts­bibliothek Bremen
Geschäfts- und Privatkorres­pondenz Ernst Müller-Scheeßels; Staats- und Universitäts­bibliothek Bremen

Die übernommene Korrespondenz befand sich jedoch in physisch schlechtem Zustand. Eine konservatorische Bearbeitung war unerlässlich, da ein Verlust zumindest von Teilen des Bestandes drohte. In der Restaurierungswerkstatt der SuUB Bremen wurde die Geschäftskorrespondenz, die in Aktenordnern abgeheftet war, Blatt für Blatt gereinigt und geglättet. Einrisse an den Blattkanten wurden mit Japanpapier geschlossen. Anschließend wurden die Papiere in transparente Archivhüllen aus Pergamin mit seitlicher Ablochheftung eingelegt. Dadurch ließ sich das von Müller-Scheeßel selbst praktizierte Ablagesystem in Ordnern beibehalten.

In diesen Zustand wurden auch die mit Bindfäden grob zu Stapeln gebündelten Korrespondenzen aus den späteren Geschäftsjahren überführt. Briefe, Zeitungsausschnitte und Kataloge, die unsortiert in Mappen oder Postumschlägen beilagen, wurden – nach Themen und Jahrgängen geordnet – mit alterungsbeständigen Schutzverpackungen versehen. Fotografien und Plakate erhielten Passepartouts.

Durch diese Maßnahmen, die von der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und dem Freundeskreis der SuUB Bremen finanziell unterstützt wurden, konnte der Nachlass für die Zukunft bewahrt und eine Nutzung für die wissenschaftliche Öffentlichkeit im Handschriftenlesesaal der Bibliothek ermöglicht werden.