Bayerisches Martyrium

Zufällig im Wiener Kunsthandel entdeckt, kehren die kostbaren Altargemälde des Malers Jörg Greimolt jetzt glücklich an ihren Entstehungsort zurück­: Dr. Christof Metzger von der Wiener Albertina hatte die Bilder als die ver­schollen geglaubten Tafeln identifiziert. Der Weilheimer Greimolt hatte die vier Gemälde mit seltenen Szenen aus dem Leben der heiligen Agatha 1523 für den Altar der Agatha-Kapelle in seiner Heimatstadt gefertigt; ihre letzte Erwähnung erfuhren die Bilder 1857, als sie verkauft wurden und Weilheim verließen. Das Weilheimer Stadtmuseum kann nun den sensatio­nellen Ankauf der Bilder vermelden: Im Museum gesellen sich die Tafeln zu einem Relief, das mit großer Wahr­scheinlichkeit Mittelschrein des Altars war. Zwei weitere Werke Greimolts ­befinden sich ebenfalls in der Sammlung. Eine breite Fi­nanzie­rungskoalition der Kultur­stiftung der Länder, der Ernst von Siemens Kunst­stiftung, der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, der Jubiläums­stiftung der Vereinigten Sparkassen und der Winfried und Centa Böhm-Stiftung machte die Rückkehr des Agathenaltars nach Weilheim jetzt möglich.

Das Martyrium der Agatha – einer gottgeweihten Jungfrau, die sich dem Werben des sizilianischen Statthalters Quintianus widersetzt und dafür gefoltert wird – schildert Greimolt mit Detailfreudigkeit. Szenen der Graus­amkeit mit dem ent­blößten Körper der Agatha wechseln mit der Darstellung der kurzfristi­gen Er­rettung der Heiligen: So er­scheint der Apostel Petrus von Engeln begleitet im Kerker und heilt Agatha von ihren Verletzungen. Der Künstler verlegte die Ge­schichte von Catania auf Sizilien allerdings in eine nördliche Al­penlandschaft. Für da­malige Verhältnisse hochmodern, bezog sich Greimolt auf aktuelle künst­lerische Vor­bilder: Der prächtige Renaissance-Arkadenhof erinnert an einen Tempelgang Mariens des Augs­burger Radierers Daniel Hopfer, beim Palast des heidnischen Quintianus greift Greimolt ins Motiv­repertoire der Renaissance – kurzerhand schmückt er ihn mit Gestalten der humanistischen Antiken­rezeption aus. Die Putten im Be­gräbnis der Heiligen finden ihre Vorbilder in einem Holzschnitt Lucas Cranachs d. Ä. Jörg Greimolt präsentierte sich da­mit als informierter Zeitgenosse, der stark von der Blüte der Renaissance-Kunst beispielsweise im nicht weit entfernten Augsburg beeinflusst war.

Über den Künstler Greimolt sel­bst ist wenig Biographisches bekannt: Gesichert ist, dass er in Weilheim gelebt und gewirkt hat, 1524 erwirbt er dort das Bürgerrecht. Die Flügel des Agathenaltars, sein Schlüsselwerk, sind nun glücklich wieder zurück in seiner Heimatstadt.