Wilhelm Bendz

Der junge Mann muss nah am Abgrund stehen, er wirkt seltsam isoliert von der weiten Landschaft, die sich hinter ihm vor dem Betrachter ausbreitet: Schwaches Sonnenlicht stemmt sich noch tapfer gegen die blau-schwarzen Gewitterwolken, die aufziehen; letzte Erinnerungen an die Epoche der Romantik werden wach, in der Mensch und Natur im schönsten Einklang zueinander fanden. Der Landschaft abge­wandt, frontal und in strenger Haltung posiert der Maler Wilhelm von Kaulbach, ganz im Stil der biedermeierlichen Mode mit schwerem Mantel, hohem Kragen und Kra­watte.

Der dänische Maler Wilhelm Bendz (1804–1832) setzte seinen Künstlerfreund Kaulbach, den Schöpfer großer Wand- und Deckengemälde, jedenfalls recht zeit­gemäß in Szene: Den Bildhintergrund ließ er allerdings seinen Malerfreund Christian Morgenstern, den Großvater des späteren Dichters selben Namens, ge­stalten; möglich, dass es auch deshalb zu diesem außergewöhnlichen Auf­einan­dertreffen zweier Epochen kam. Fast ein wenig dämonisch blickt der junge, schma­le Maler aus dem Schatten seiner breiten Hutkrempe eindringlich, aber auch un­sicher in die neue Zeit. Doch ohne Grund: Kaum ein paar Jahre später war Kaul­bach schon bayrischer Hofmaler, reüssierte mit seinen monumentalen Weltge­schichtsdarstellungen für das Neue Museum zu Berlin und wurde schließlich 1849 Direktor der Münchner Kunstakademie.

Geboren wurde der Begründer der berühmten Künstlerfamilie Kaulbach im Jahr 1805 in Bad Arolsen. Das dortige Museum – u. a. auch in Kaulbachs Geburtshaus ansässig und auf die Malerfamilie spezialisiert – freut sich deshalb besonders, dass der Ankauf des Porträts für seine Sammlung im Kaulbach-Haus jetzt mit Unter­stützung der Kulturstiftung der Länder, der Hessischen Kulturstiftung, des Museumsvereins Bad Arolsen und der Hannelore und Heinz-Jürgen Schäfer-Stiftung gelang.

Der Maler Wilhelm Bendz beweist in seinem Porträt große Einfühlsamkeit bei der Darstellung des bald berühmten Malerkollegen, die detaillierte Gestaltung der unterschiedlichen Materialien wie Stoff, Pelze, Seide, Edelsteine und Gold­schmuck sowie die raffinierte Lichtführung lassen die außerordentliche Begabung des früh verstorbenen Künstlers erkennen. Bendz zählt zu den bedeutenden Vertretern des sogenannten Goldenen Zeitalters in der dänischen Kunst des 19. Jahrhunderts.