Imre Kertész für Berlin

Der ungarische Literaturnobelpreisträger Imre Kertész gab bereits im Jahr 2001 einen Teil seines Archivs in die Obhut der Akademie der Künste Berlin. Der in Berlin und Budapest lebende Autor hat sich nun entschieden, sei­nen Vorlass – von Kertész noch umfangreich ergänzt um wertvolle Dokumente wie etliche Manuskripte seiner in der ganzen Welt erfolgreichen Romane und weitere Zeug­nisse aus seinem Schrift­stellerleben – der Akademie der Künste zu übereignen. Geordnet und erfasst sowie teilweise bereits auf Mikrofilm gesichert und elektronisch ver­zeichnet, stehen dort nun rund 35.000 Blatt Archivmaterial aus dem reichen Schaffen des weltbe­rühmten Schriftstellers und langjährigen Akademie-Mitglieds der Wissenschaft zur Erfor­schung bereit. Die Akademie eröffnet in Anwesenheit des Autors am 15. Novem­ber das Imre-Kertész-Archiv, das mit Unterstützung der Kultur­stiftung der Länder, des Beauftragten der Bundes­regierung für Kultur und Medien sowie der Friede-Springer-Stiftung erworben werden konnte.

Imre Kertész’ Vorlass besticht vor allem durch die Fülle persönlicher Schriften wie den literarischen Werkmanuskripten und seinen Tagebüchern aus vier Jahrzehnten: Es befinden sich nunmehr die Manuskripte zu Kertész’ Werken „Roman eines Schicksallosen“, „Galeerentagebuch“, „Kaddisch für ein nicht geborenes Kind“, „Dossier K.: eine Ermittlung“, „Fiasko“, „Ich – ein anderer“ samt ihrer umfang­reichen Vorarbeiten und Varianten im Archiv. Darüber hinaus liegen in Berlin jetzt Manuskripte und Druck­belege zahlreicher seiner Essays und Reden wie „Wem gehört Auschwitz?“, „Die exilierte Sprache“, „Bekenntnis zu einem Bürger. No­tizen über Sándor Márai“, „Wird Europa auferstehen?“, „Budapest. Ein über­flüssiges Bekenntnis“ und „Jerusalem, Jerusalem“ vor. Kertész’ Korrespon­denzen ab 1988 mit Verlagen, Redaktionen und Institutionen sowie Leserzu­schriften ver­mitteln einen spannenden Eindruck von seiner Ent­wicklung zum berühmten Autor. Umfangreiches Material zur Rezeption spiegelt die weltweite Wirkung seiner Werke wider. Als besonderer Schatz des Imre-Kertész-Archivs können seine ab 1961 ge­führten Tagebücher gelten, deren eindrück­liche Beobachtungen und Reflexionen viele seiner späteren Werke vorbereiten.

Imre Kertész, 1929 in Budapest geboren, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und 1945 in Buchenwald befreit. Sein autobiographischer „Roman eines Schicksal­losen“, zunächst von den Verlagen abgelehnt, brachte ihm erst spät die lange versagte Anerkennung und schließlich den Nobelpreis für Literatur 2002.