Zu Gast im Saarland
Die saarländische Landeshauptstadt Saarbrücken liegt unmittelbar an der Grenze zu Frankreich, wodurch Kultur und Kunst beider Länder stets im regen Austausch miteinander standen. Das Begleitprogramm der diesjährigen Mitgliederversammlung folgte in Saarbrücken und Umgebung den Spuren des deutsch-französischen Kulturaustauschs.
Mit einem Besuch der Ausstellung „Slevogt und Frankreich“ im Saarlandmuseum Moderne Galerie begann das Kulturprogramm am Freitag. Dr. Roland Mönig, kunst- und kulturwissenschaftlicher Vorstand der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, führte durch die Galerieräume, wobei er ein lebhaftes Bild des vielseitigen Freiluftmalers Slevogt zeichnete. Mit sensiblem Gespür für Lichtstimmungen und Formgebung reflektierte der in Berlin wie in der Pfalz tätige Maler in seinem facettenreichen Œuvre die Werke französischer Künstler: Pissarro, Monet und Manet inspirierten Slevogt zu Alltagsdarstellungen, in seinen Stilllebenkompositionen setzte er sich mit der französischen Avantgarde auseinander, und nicht zuletzt spiegeln Slevogts Bühnen-, Literatur- und Mythologiedarstellungen die Werke von Daumier und Delacroix wider. Die Ausstellung macht die künstlerische Auseinandersetzung erlebbar, indem sie prägnante französische Gemälde den Arbeiten Slevogts gegenüberstellt. Mehrere der gezeigten Werke waren erst durch eine von der KSL geförderte Restaurierung wieder ausstellbar geworden.
Im Anschluss an den Ausstellungsbesuch empfingen Ulrich Commerçon, Minister für Bildung und Kultur des Saarlandes, sowie Bodo Busse, Generalintendant des Saarländischen Staatstheaters, die Freundeskreismitglieder im Saarländischen Staatstheater. Im überregionalen Dialog mit Kulturschaffenden, auch über die deutschen Landesgrenzen hinaus nach Frankreich, bereichert das Saarländische Staatstheater seinen Spielplan. Beim Besuch der Oper „La Traviata“ erlebten die Freundeskreismitglieder einen stimmgewaltigen Abend.
Die 19. Mitgliederversammlung des Freundeskreises fand am Samstagvormittag in der Saarbrücker Staatskanzlei statt. Das Gebäude, das den Amtssitz des saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans beherbergt, sticht aus dem architektonischen Gefüge des Saarbrücker Ludwigsplatzes hervor: Als moderner Pavillion, in den 50er Jahren errichtet, behauptet sich der Bau gegenüber der barocken Formensprache seiner Nachbarn, bleibt ihnen jedoch funktional – auch sie beherbergen Räume der Staatskanzlei – wie ästhetisch verbunden. Im Tagungsraum der Staatskanzlei wurden die circa 90 Versammelten über Projekte der Kulturstiftung sowie des Freundeskreises informiert und hatten Gelegenheit, verschiedene Themen zu diskutieren. Darüber hinaus wählten die Anwesenden Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, zum 1. Vorsitzenden des Freundeskreises. Dr. Heike Kramer, Leiterin des Gesellschaftlichen Engagements und Veranstaltungsmanagements des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, konnte als weiteres Vorstandsmitglied gewonnen werden. Dem gesamten bisherigen Vorstand wurde durch eine einstimmige Wiederwahl das Vertrauen ausgesprochen.
Nach der Mitgliederversammlung lud Ministerpräsident Tobias Hans alle Freundeskreismitglieder zu einem festlichen Mittagessen ins Schloss Saareck in Mettlach ein. Die 1903 fertiggestellte schlossartige Villa der Familie Boch dient heute als Gästehaus der Villeroy & Boch AG. Dr. Alexander von Boch-Galhau empfing die Freundeskreismitglieder nach dem Mittagessen im nahe gelegenen Villeroy & Boch Erlebniszentrum. Die in der Französischen Revolution aufgegebenen Klostergebäude der einstigen Abtei Mettlach umfassen heute nicht nur den Firmenhauptsitz, sondern auch ein Keramikmuseum. Ein Spaziergang im umgebenden Parkgelände führte zu historischen Spuren: einem Turm aus dem 10. Jahrhundert und einem von Karl Friedrich Schinkel erbauten Brunnen.
Vorbei an der atemberaubend gelegenen Saarschleife fuhren die Freundeskreismitglieder anschließend zu einem gemeinsamen Abendessen nach Saarlouis. Hier blieb Zeit für den individuellen Austausch sowie für einen Blick auf die Stadtgeschichte: 1680 auf Anweisung Ludwig XIV. als Garnisonsstadt zum Schutz der Grenze zu Lothringen errichtet, wurde die sternförmige Festungssiedlung mit sechs Bastionen streng symmetrisch erbaut. Zwar wurde die Festung 1887 geschleift, doch zeugen einzelne Wälle und Gräben, die mit Wasser gefüllt in städtische Grünanlagen integriert wurden, noch immer von der konfliktreichen deutsch-französischen Vergangenheit.
Ganz unter dem Motto „Sharing Heritage“ stand das Programm am Sonntag. Im Rahmen der Ausstellung „Resonanzen – Die langen Wellen der Utopie“ reisten die Freundeskreismitglieder nach Überherrn, wo sie von Dr. Axel Böckler vom Landesdenkmalamt im Langwellensender Europe 1 empfangen wurden. Die aufschlussreiche Führung nahm die Freundeskreismitglieder mit auf eine Zeitreise durch das für seine Entstehungszeit 1954/55 visionäre Bauwerk mit politischer Brisanz: Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand das teilautonome Saarland unter französischer Aufsicht – ein Zustand, der bis 1957 andauerte und komplexe französisch-saarländische Verhältnisse mit sich brachte. Um ein Verbot kommerziellen Rundfunks in Frankreich zu umgehen, wurde der Langwellensender Europe 1 gegründet. Die als „Gläserne Jakobsmuschel“ bekannte Sendehalle wurde als transparente Spannbetonhalle entworfen. Von einer mittleren Symmetrieachse gehen zwei schwungvolle Betonbögen aus, die eine lichte gläserne Fassade einfassen. Als weltweit erstes nur von Stahlseilen getragenes Dach dieses Ausmaßes gelang dem Architekten Jean François Guédy ein besonderes Stück Ingenieursbaukunst, dem nahezu unangetastet seit den 50er Jahren ein besonderer Charme innewohnt.
Auch der Saarbrücker Pingusson Bau, den die Reisenden bei der anschließenden Führung durch Mitglieder des Werkbund Saar besichtigten, spielt in Prozessen des gesellschaftlichen Wiederaufbaus eine visionäre Rolle: Die von Georges-Henri Pingusson, einem Weggefährten von Le Corbusier, geplante französische Botschaft gilt als Leitbau der französischen Nachkriegsmoderne. Als Symbol des deutsch-französischen Friedens sollte sie für eine Renaissance der europäischen Kultur stehen. Bei der Besichtigung des Hochhauses mit Verwaltungsräumen und einem angefügten Flachbau mit Wohntrakt verschafften sich die Freundeskreismitglieder einen Überblick über den einstigen Repräsentationsbau, der in großzügigen Dimensionen das diplomatische Selbstverständnis Frankreichs an der Saar bezeugt. Einst glanzvoll inszeniert, steht das Gebäude, das von 1960 bis 2014 das saarländische Kultusministerium beherbergte, heute leer und wird nur gelegentlich durch aktuelle Ausstellungen belebt.
Bei einem gemeinsamen Mittagessen in geselliger Runde endete das Begleitprogramm der diesjährigen Mitgliederversammlung in Saarbrücken.
Der Freundeskreis dankt dem Saarland sowie den beteiligten Institutionen für die großzügige Einladung und die Unterstützung bei der Planung der Reise.