Das Staatliche Museum Schwerin erwirbt eine wertvolle Handzeichnung, die der Künstler Marcel Duchamp (1987–1968) 1917 für seinen engen Freund, den Kunstsammler und Schriftsteller Henri-Pierre Roché (1879–1959), gestaltet hat. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit 98.500 Euro.
Dazu Prof. Dr. Frank Druffner, kommissarischer Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Marcel Duchamps Einfluss auf die Kunst des 20. Jahrhunderts kann kaum überschätzt werden. Sein geistiges Erbe als Wegbereiter der Konzeptkunst – gerade auch in Deutschland – ist in Schwerin mit der Duchamp-Sammlung und dem Forschungszentrum für Öffentlichkeit und Forschung zugänglich. Dass diese kostbare Handzeichnung nun in genau diese öffentliche Sammlung gelangt ist, ist ein großer Glücksfall.“
Bei der erworbenen Handzeichnung handelt es sich um eine von vier dieser Art. Die Vorderseite ist signiert mit „Marcel Duchamp 30 ans“. Wenn man die beidseitig mit Linien versehene Karte gegen das Licht hält, erscheint der Name seines Freundes Roché. Die Zeichnungen für seinen Malerfreund Francis Picabia, den Theaterautor, -kritiker und Fotografen Carl Van Vechten und dessen Frau, die Tänzerin und Schauspielerin Fania Marinoff, erwarb das Museum bereits 1997. Alle vier Personen gehörten zu Duchamps News Yorker Zirkel, wo der Künstler ab 1915 lebte. Mit dem Ankauf der Roché-Zeichnung, die sich lange in Privatbesitz befand, konnte nun ein weltweit einzigartiges Set komplettiert werden.
Marcel Duchamp gehört zu den bedeutendsten Künstlern der Moderne. Mit seinen Readymades – vorgefundene Alltagsgegenstände – stellte er den Kunstbegriff radikal in Frage. Damit prägte er die spätere Entwicklung der Konzeptkunst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, bei der die Idee oder das Konzept wichtiger ist als das materielle Werk selbst.
Mit rund 90 Werken beherbergt das Staatliche Museum Schwerin neben der Stuttgarter Staatsgalerie die bedeutendste Duchamp-Sammlung in Deutschland. Seit der Wiedervereinigung sammeln die Abteilung für Gemälde und Skulpturen sowie das Kupferstichkabinett unterschiedliche Strömungen der Konzeptkunst. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Fluxusbewegung, die seit den 1960er Jahren die Grenzen zwischen Kunst und Alltag aufzuheben suchte und den künstlerischen Prozess über das Werk stellte. Marcel Duchamp gilt als geistiger Vorläufer von Fluxus. Mit dem Ankauf der umfangreichen Duchamp-Sammlung Ronny van de Veldes im Jahr 1997 und der Gründung des Duchamp-Forschungszentrums 2009 etablierte sich Schwerin als einer der international wichtigsten Orte für die Rezeption und Erforschung von Marcel Duchamps Werk.