Schatztruhe der Pharmaziegeschichte

Der Nachlass Friedrich Wilhelm Sertürners (1783-1841), bis dato verwahrt in einer hölzernen "Schatztruhe"
Der Nachlass Friedrich Wilhelm Sertürners (1783-1841), bis dato verwahrt in einer hölzernen „Schatztruhe“

Schmerzfrei im OP: Den Weg zu diesem Segen bahnte Friedrich Wilhelm Sertürner (1783–1841) Anfang des 19. Jahrhunderts und hielt ihn akribisch in einzelnen Schritten fest. Nun konnte der Nachlass des Morphin-Entdeckers vom Deutschen Apotheken-Museum in Heidelberg mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder, der Dr. August und Dr. Anni Lesmüller-Stiftung sowie des Fördervereins Deutsches Apotheken-Museum e.V. erworben werden. Zwar sorgsam in einer hölzernen „Schatztruhe“ von den Nachfahren des Apothekers verwahrt, galten Teile dieses Fundus in der Forschung aber lange Zeit als verschollen. Jetzt gelangt der wertvolle Nachlass an das Licht der Öffentlichkeit, in den kommenden Jahren soll der pharmazeutische Schatz von Wissenschaftlern gehoben werden. In der Truhe des pharmazeutischen Pioniers befinden sich zahlreiche unveröffentlichte Manuskripte, Briefe, Zeichnungen, Diplome vieler wissenschaftlicher Gesellschaften Europas sowie zwei Porträtminiaturen Sertürners und seiner Gattin. Mit diesem Konvolut kann das Deutsche Apotheken-Museum in Heidelberg seine weltweit umfangreichste Sammlung zur Geschichte der Pharmazie erheblich erweitern.

Sertürner gelang es zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Morphin aus dem bis dahin weit verbreiteten Betäubungs- und Schmerzmittel Opium zu isolieren. Opium linderte zwar Schmerzen, war jedoch nur ungenau zu dosieren, was nicht selten zu Todesfällen führte. Mithilfe zahlreicher Tier- und letztendlich auch Selbstversuche testete er die Wirkung der neu gewonnenen Substanz. Nicht nur dass Sertürner mit seinen Versuchen aus Versehen seinen Hund tötete: Die Entdeckung des Morphins hatte der umtriebige Apotheker nach einer Test-Einnahme des Opiats beinahe auch selbst mit dem Leben bezahlt.

Nach der Lehre zum Apotheker widmete sich Sertürner ganz seinen Versuchen: 1806 wurden die Ergebnisse seiner Morphin-Entdeckung zwar publiziert, in ihrer Tragweite jedoch nicht erkannt, man warf Sertürner sogar Ungenauigkeit vor. Durch die Wirren der napoleonischen Besetzung Europas konnte der Apotheker allerdings erst ein Jahrzehnt später weiter forschen, seine neuen Ergebnisse publizierte er erst 1817. Und es war schließlich ein französischer Forscher, der Sertürners bahnbrechende Entdeckung auch in Deutschland bekannt machte. Mit der Entwicklung eines zentralen Mittels der Schmerztherapie und später auch der Entdeckung einer neuen Klasse von Pflanzenstoffen, der Alkaloide, bahnte Sertürner der modernen Arzneimittelforschung den Weg. Noch heute gilt die Entdeckung des Morphins als eine der bedeutendsten Leistungen auf dem Gebiet der Pharmazie.