Die Dombibliothek Hildesheim erweitert ihre Sammlung um ein einzigartiges Zeugnis niedersächsischer Klosterkultur. Die über fünfzig Texte wurden zwischen der Mitte des 13. und der Mitte des 14. Jahrhunderts im Hildesheimer Kloster St. Godehard angefertigt. Die Kulturstiftung der Länder fördert den Ankauf mit 41.519 Euro.
Dazu Prof. Dr. Frank Druffner, kommissarischer Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder: „Mit dem Erwerb dieser Handschrift konnte der Bestand der heute größtenteils in der Dombibliothek Hildesheim befindlichen, ursprünglichen Klosterbibliothek von St. Godehard entscheidend ergänzt werden. Dies ist besonders bedeutsam, da dieser Sammelband teils einzigartige, nur hier überlieferte Texte enthält. Als solcher stellt er ein eindrucksvolles Zeugnis der Bildungs- und Kulturgeschichte der niedersächsischen Klöster im Hoch- und Spätmittelalter dar.“
Der vermutlich um 1500 im Benediktinerkloster St. Godehard in Hildesheim zusammengestellte Sammelband vereint eine Vielzahl von Handschriften aus dem 13. und 14. Jahrhundert. Er enthält unter anderem 52 Sonntagspredigten, ein zeitgenössisches Priesterhandbuch, Heiligenlegenden sowie Redensarten und Weisheiten. Es handelt sich dabei auch um ein typisches Beispiel für die bereits im 15. Jahrhundert unternommenen Bemühungen, verstreute Überreste älterer Handschriften thematisch zu ordnen und für die weitere Nutzung zu bewahren.
Der Neuerwerb ermöglicht einen außergewöhnlich tiefen Einblick in die seelsorgerische und spirituelle Praxis der Benediktiner im Kontext der spätmittelalterlichen Klosterreformen. Zugleich zeigt er, wie St. Godehard in Hildesheim mit verstärktem Fokus auf schulische Ausbildung den Herausforderungen seiner Zeit begegnete.
Der Sammelband gelangte im 17. Jahrhundert vermutlich als Geschenk in den Besitz der englischen Benediktiner im nahegelegenen Kloster Lamspringe, die nach der Auflösung der Orden in ihrer Heimat auf den Kontinent geflohen waren. Nach der Säkularisation des Klosters im Jahr 1803 kehrten die Mönche mit einem Großteil ihrer Handschriften nach Großbritannien zurück. Dort war der Sammelband über zwei Jahrhunderte Teil der Klosterbibliothek der Abtei Ampleforth nördlich der Stadt York in England – nun kehrt er an seinen Ursprungsort Hildesheim zurück.