Porträtbild eines Mannes
EDITORIAL

Neue Perspektiven

Prof. Dr. Frank Druffner, kommissarischer Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder und Herausgeber von Arsprototo, stellt Ihnen das neue Heft vor

Liebe Leserinnen und Leser,

jüngste Studien und Umfragen haben ergeben, dass Museen in unserer Gesellschaft nach Familie und Freunden und vor Wissenschaft und Medien das höchste Vertrauen genießen. Die Mehrheit der Bevölkerung betrachtet Kultur überdies als verbindendes, stabilisierendes Element in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft, ja schreibt ihr sogar eine demokratiestärkende Funktion zu. Das ist insofern beruhigend, als Museen (wie alle öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen) derzeit unter enormem innerem und äußerem Druck stehen. Ganz abgesehen von den finanziellen Engpässen ihrer Träger und den ideologischen Angriffen auf sie müssen sie sich weltweit seit einer Reihe von Jahren Debatten über ihre Rolle in Gegenwart und Zukunft stellen. In einer sich rasant verändernden Welt müssen sich Museen mit der Adressierung neuer Publika, mit der Vermittlung neuer Inhalte, mit neu identifizierten Sammlungslücken und mit der Kritik am überkommenen Kanon auseinandersetzen.

Die deutschen Museen sind von diesen Debatten natürlich nicht ausgenommen, und damit hat auch die Kulturstiftung der Länder eine Stimme in der polyphonen Diskussion um die Entwicklung des Museums: Durch ihre Förderungen und Projekte ist sie – zwar aus mittlerer Distanz, aber eben doch ganz unmittelbar gestaltend – in diese Prozesse eingebunden, und das vorliegende Heft wirft einige Schlaglichter auf bestimmte Themen und Konstellationen unter dem Stichwort „Sammlungen“. Worauf wird beim Sammeln als einer der Kernaufgaben des Museums heute geachtet? Wie reagieren Sammlungs- und Ausstellungsstrategien auf aktuelle Bedarfe und auf Forderungen aus der Wissenschaft oder der Zivilgesellschaft? Wie sind kostspielige Erwerbungen als gut begründete Sammlungserweiterungen überhaupt noch zu bewerkstelligen? Und was können der Blick auf „entwurzelte“ Kulturgüter aus kolonialen Kontexten, die Neusichtung magazinierter Sammlungsbestände, der Perspektivwechsel in der Vermittlungsarbeit langfristig bewirken?

Natürlich kann dieses Heft keine endgültigen, allumfassenden Antworten auf diesen bunten Strauß drängender museologischer Fragen geben. Die Museen befinden sich in einem Prozess, dessen Ergebnis aufgrund der komplexen Ausgangslage zunächst offenbleiben muss. Zuversicht jedoch ist durchaus angesagt, das belegen die hier versammelten Beiträge. Mögen sie Ihren Blick auf das Museum als Bildungseinrichtung und ja: vielleicht sogar als „moralische Anstalt“ im Sinne Friedrich Schillers bereichern.

Ihr Frank Druffner

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